Karin Wahl
Ein Grund: Nur wenige Chefs haben eine Ausbildung in Führung und Organisation genossen, viele arbeiten mit alten Mustern. Kein Wunder, dass es im Personalbereich häufig hakt und sich etliche Kollegen mit den sich wandelnden Ansprüchen und Forderungen der Mitarbeiter schwertun. Dabei ist es gar nicht so schwer, wenn man sich einige Fakten klargemacht hat und weiterhin eine Unternehmensstrategie hat, mit welchem Personal man zu welchen Bedingungen was erreichen will. Die derzeitige Faktenlage ist vielfach beschrieben, Stichworte sind:
- Mangel an qualifizierten Mitarbeitern in fast allen Sparten,
- die Attraktivität der öffentlichen Apotheke ist spürbar gesunken, Mitarbeiter ziehen andere Arbeitgeber vor,
- die Ansprüche der Mitarbeiter haben sich sehr geändert, man ist nicht mehr froh, einen Job zu haben, sondern verlangt, dass dieser kompatibel zur privaten Situation ist,
- das übliche Apotheken-Gehaltsniveau ermöglicht den meisten PTAs und PKAs keinen eigenen Hausstand,
- die Fort- und Weiterbildung scheitert häufig am auf Kante genähten Personal, Mitarbeiter müssen dafür Freizeit aufwenden und oft noch die Kosten selbst tragen,
- in vielen Teams mit nur wenigen Mitarbeitern ist die betriebliche Urlaubsplanung jedes Jahr ein schwieriger Balanceakt,
- Apothekenberufe sind weitgehend feminisiert mit allen Konsequenzen hinsichtlich Ansprüchen, Work-Life-Balance, Vereinbarkeit mit Familie oder zu pflegenden Angehörigen u.a.m., aber auch der Chance, in späteren Lebensjahren nochmal beruflich „durchzustarten“.
Probleme bergen Chancen
Indes: Die obigen Punkte bergen nicht nur Risiken, sondern immense Chancen, wenn es gelingt, Win-win-Situationen herzustellen. Somit beinhaltet das Personalmanagement immer eine langfristige Sichtweise, und Sie sollten sich vorab fragen:
- Welche Personalkosten kann ich mir leisten?
- Wen brauche ich auf welchen Zeithorizont in welchen Schlüsselpositionen? Stichworte: Aufgabenverteilung, Funktionszuordnung, Organigramm, Vertreterregelungen, wer hat tatsächlich den „Hut auf“ (= „graue Eminenzen“, das sind nicht immer die sogenannten Führungskräfte).
- Stimmt der „Personalmix“ nach Qualifikation, Alter etc.?
- Auf wen kann/muss ich um des Betriebsfriedens und Leistungsniveaus willen verzichten?
- Was muss ich jedem einzelnen Mitarbeiter bieten, damit er gerne bleibt? Nicht jedem ist das Gehalt das Wichtigste, weitere Stichworte sind Incentives und Zusatzleistungen, Arbeitsklima, Aufgabenbereiche, Arbeitszeitmodelle etc.
- Wie fair bin ich, wie schaut mein Führungsstil aus, bin ich bereit, ehrlich zu teilen und nicht nur zu fordern?
Nur, wenn Sie ähnlich wie auf dem Schachbrett die Aufstellung Ihrer Mitarbeiter kennen, ihre Bedeutung und Position, können Sie auch adäquat mit deren Forderungen umgehen. Eine Top-Filialleiterin werden Sie deshalb nicht wegen wenigen Hundert Euro ziehen lassen, eine im Grunde überbesetzte PKA schon, oder vielleicht die fünfte PTA, die wie alle anderen nur im HV, aber eben nicht im Labor arbeiten will. Je nach Apotheke ist diese Aufstellung und Bedeutung einzelner Personen natürlich sehr unterschiedlich.
Positionen bewerten
Woanders ist es lange üblich – die Bewertung einer Arbeitsstelle unabhängig vom Tarif. In der Regel wird bei uns indes nur nach Berufsjahren geschaut, die aber je nach Vita gar nicht aussagekräftig sind über das Wissen und Können einer Person. Manche Arbeitgeber schauen, wo jemand früher beschäftigt war, und leiten davon eventuell zu erwartende Fähigkeiten ab. Das kann dann zu einem Trugschluss werden.
Jede Position sollte mit einer Stellenbeschreibung hinterlegt sein, aus der hervorgeht, was die Person leisten soll und welche Verantwortung sie trägt. Das fließt dann in die Gehaltseinstufung mit ein. Somit bekommt nicht jede Approbierte oder PTA mit fünf Jahren Berufserfahrung das gleiche Gehalt. Die Berufsjahre werden je nach Beschäftigungsumfang nur anteilig bewertet, dafür umso mehr das Wissen und Können und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Die Beurteilung sollte vertraulich gehandhabt werden.
Proaktiv handeln
Lassen Sie sich nicht von Forderungen überraschen – überraschen Sie die Mitarbeiter selbst angenehm. Drehen Sie also den Spieß um: Bevor die Mitarbeiter „auf der Matte stehen“, nehmen Sie jährlich eine Neubewertung vor, verbunden mit einem Mitarbeitergespräch und Zielvereinbarungen. Wählen Sie eine angenehme, offene Atmosphäre (z.B. eine Einladung). Das dokumentiert Stil und Wertschätzung. Fragen Sie in diesem Rahmen:
- Wie geht es dem Mitarbeiter,
- hat er Probleme und braucht er Hilfe (viele Mitarbeiter teilen Probleme nicht im laufenden Betrieb mit und man wertet diese Menschen dann irrtümlich ab),
- gefallen ihm seine Aufgaben,
- braucht er fachlichen Input,
- wie sieht er seine Zukunft,
- hat er Vorschläge?
Dann geben Sie Ihr Feedback und berichten, was Ihnen gut gefällt und was weniger. Vermeiden Sie aber eine „vernichtende Generalabrechnung“, sonst war es oftmals das letzte Mitarbeitergespräch! Klugerweise haben Sie sich Ihre Spielräume vorher abgesteckt:
- Gehaltserhöhung um x Euro bzw. Prozent (Grenzen vorher festlegen!),
- Angebot von mehr Urlaub, ein „Sabbatical“ etc.,
- die Kostenübernahme einer Qualifizierungsmaßnahme,
- flexiblere Arbeitszeitmodelle.
Zur Vorbereitung gehört auch, bei unüberwindbaren Problemen ggf. ein „Trennungspaket“ in petto zu haben: faire Trennung via Aufhebungsvertrag, u.U. mit einer Abfindung, und das möglichst ohne Hass und Groll oder gar Arbeitsgericht. Merke: Man trifft sich im Leben „immer zweimal“!
Doch was, wenn Mitarbeiter selbst wegen einer Gehaltserhöhung vorsprechen? Wichtig ist, die Fassung zu behalten, Mitarbeiter nicht zu unterbrechen und aussprechen zu lassen, egal, was kommt. Hören Sie aktiv zu und wahren Sie den Blickkontakt!
Präzisieren Sie die Forderungen und spiegeln Sie sie zurück (verstehe ich Sie richtig, dass Sie …). Womit begründet der Mitarbeiter seine Anliegen? Geht es um Geld, Zeit, das Aufgabenfeld oder schlicht um Anerkennung und Wertschätzung (die u.U. seit Jahren ausgeblieben ist)?
Zerlegen Sie die Forderungen in Einzelbestandteile und schauen Sie, wie sich ein „Paket“ an Lösungen schnüren lässt (welches Sie aber gesamthaft in Geld und in seinen sonstigen Auswirkungen umreißen sollten).
Keine Angst vor Offenheit!
Übrigens: Solche Gespräche verlaufen häufig viel angenehmer, als man denkt, man erfährt etwas über seinen Mitarbeiter, was man nicht wusste und Dinge anders aussehen lässt. Zudem erhalten Sie eine Beurteilung des Apothekenbetriebs, wie er sich in den Augen der Mitarbeiter darstellt.
Aber Sie müssen sich eben darauf einlassen und dürfen nicht von vornherein „abblocken“. Erkennbar im Marktumfeld zu niedrige Gehälter sollten Sie anpassen. Ansonsten sind viele geldwerte Vorteile möglich, ob die Übernahme von Seminar- und Fortbildungsgebühren, diverse Gutscheine, die (teilweise) Kostenübernahme für die Kita, eine betriebliche Altersversorgung oder gar ein Dienstwagen. Ihr Steuerbüro wird Ihnen das ganze Repertoire aufzeigen. Aber Achtung! Machen Sie es nicht zu kompliziert. Und: Was Sie einmal gewähren, lässt sich nur schwer wieder „einkassieren“!
Mit einem professionellen Personalmanagement, egal ob 5 oder 50 Mitarbeiter, meistern Sie auch das Thema Mitarbeiterforderungen und Gehalt souverän ohne Groll und schlechte Stimmung („teurer Verhandlungstag“). Vielmehr münzen Sie die Mehrausgaben in Mehrleistung, Erfolg und gute Stimmung um.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(02):15-15