Helmut Lehr
Anschaffungs- und Herstellungskosten für ein Gebäude sind im Rahmen der steuerlichen Einkunftsarten nur im Wege der Abschreibung zu berücksichtigen, während Erhaltungsarbeiten in aller Regel einen Sofortabzug ermöglichen. Dies gilt im betrieblichen Bereich (beispielsweise Einkünfte aus der Apotheke) und im privaten Bereich (beispielsweise Einkünfte aus Vermietung) gleichermaßen.
Instandsetzungs- und Modernisierungskosten gehören „ausnahmsweise“ dann zu den Herstellungskosten eines Gebäudes, wenn sie innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Objekts entstehen und die Aufwendungen ohne Umsatzsteuer 15 % der ursprünglichen Anschaffungskosten übersteigen. Man spricht dann von sogenannten anschaffungsnahen Herstellungskosten.
Hinweis: Die Finanzämter prüfen diese Grenze mitunter sehr genau mit dem Ziel, den laufenden Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug gegebenenfalls empfindlich zu kürzen, schließlich werden diese Ausgaben dann nur noch sukzessive über die Abschreibung berücksichtigt.
Bisheriges Rechtsverständnis
Nach dem Gesetzeswortlaut (vgl. § 6 Absatz 1 Nr. 1a Einkommensteuergesetz) gehören Aufwendungen für Erweiterungen im Sinne des § 255 Absatz 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs sowie Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen, generell nicht zu den anschaffungsnahen Kosten, sie dürfen also bei der Prüfung der 15 %-Grenze nicht berücksichtigt werden.
Allgemein ist man bislang – auch aufgrund früherer Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – davon ausgegangen, dass Schönheitsreparaturen Aufwendungen sind, die jährlich üblicherweise anfallen und deshalb per se außen vor bleiben.
Außerdem herrschte bisher das Verständnis vor, dass Kosten, die handelsrechtlich ohnehin zu Herstellungskosten führen, bei der Prüfung der 15 %-Grenze nicht einbezogen werden. Dies galt insbesondere für Aufwendungen, die zu einer wesentlichen Verbesserung des Gebäudes führen (beispielsweise Austausch von Einfachglasfenstern durch mehrfach isolierte Fenster).
Neue Grundsatzurteile zulasten der Steuerpflichtigen
Der Bundesfinanzhof hat in seiner jüngsten Rechtsprechung die Problematik der „anschaffungsnahen Herstellungskosten“ weiter verschärft1) bzw. sich für eine maximal verwaltungsfreundliche Auslegung entschieden.
Nach der neuen Rechtsprechung gehören zu den anschaffungsnahen Kosten sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen – unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung –, die im Rahmen einer Instandsetzung und Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes (Dreijahres-Zeitraum!) anfallen und nicht ausdrücklich gesetzlich ausgenommen sind. Insbesondere sind nach Ansicht des Bundesfinanzhofs auch Kosten für Schönheitsreparaturen bei der Prüfung der 15 %-Grenze zu berücksichtigen.
Hinweis: Bislang konnte man Kosten für das Tapezieren, das Anstreichen oder das Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren „rausrechnen“ und so womöglich die 15 %-Grenze einhalten, sofern die Aufwendungen nicht im Rahmen einer Gesamtbaumaßnahme anfielen. Dies soll nun nicht mehr möglich sein.
Welche Kosten bleiben überhaupt noch außen vor?
Nach dieser Rechtsprechungsverschärfung muss man sich ernsthaft fragen, ob es überhaupt noch „Erhaltungsaufwendungen“ gibt, die nicht in die Prüfung der 15 %-Grenze einbezogen werden. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs sind dies zumindest solche Erhaltungsarbeiten, die mit den übrigen Umbau-, Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen nicht im Zusammenhang stehen und die üblicherweise jährlich anfallen.
Hierzu sollen insbesondere Aufwendungen für regelmäßige Wartungsarbeiten wie
- laufende Heizungs- oder Aufzugswartungen,
- Beseitigung von Rohrverstopfungen und -verkalkungen sowie
- Ablesekosten gehören.
Faktisch führt diese Auslegung nun dazu, dass Steuerpflichtige künftig eigentlich immer sämtliche Arbeiten für Reparaturen und Modernisierungen im Blick haben müssen, sofern sie nicht offenkundig zu einer Erweiterung der Wohnfläche führen (wie beispielsweise der Anbau eines Wintergartens). Denn solche Kosten bleiben ja nach eindeutigem Gesetzeswortlaut bei der Prüfung der 15 %-Grenze außen vor – sie führen näm- lich ohnehin zu Herstellungskosten.
Hinweis: Zumindest tendenziell dürfte es sich künftig anbieten, aufschiebbare Investitionen in Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen in den ersten drei Jahren nach Objekterwerb noch nicht zu beginnen. Denn schließlich ist es immer denkbar, dass auch noch unvorhersehbare Ausgaben hinzukommen, die dann regelmäßig einzubeziehen sind.
Schäden nach Erwerb
Eine Ausnahme kann aber weiter für Fälle gelten, in denen die „Schäden“ bei Erwerb des Objekts noch gar nicht vorhanden waren, sondern erst danach (z.B. durch Mieter) verursacht wurden. Diese Auffassung vertritt zumindest das Finanzgericht Düsseldorf2).
Hinweis: Der Bundesfinanzhof muss diesen Fall allerdings noch abschließend entscheiden3).
1) Vgl. Urteile vom 14. Juni 2016, Aktenzeichen IX R 22/15, IX R 25/14, IX R 15/15.
2) Vgl. AWA-Ausgabe Nr. 10 vom 15. Mai 2016, Seite 17.
3) Aktenzeichen des Revisionsverfahrens: IX R 6/16.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(03):18-18