Helmut Lehr
Die Grunderwerbsteuersätze der einzelnen Bundesländer sind in den letzten Jahren in schöner Regelmäßigkeit erhöht worden. Mittlerweile werden meist 5 % und mehr fällig, wenn Grundstücke den Eigentümer wechseln. Doch damit nicht genug: Grunderwerbsteuer entsteht beim Kauf eines eigentlich unbebauten Grundstücks sogar oftmals zusätzlich noch auf die späteren Baukosten, die eigentlich gar nicht Gegenstand des notariellen Grundstückskaufvertrags sind.
Die Finanzverwaltung bemüht dazu die Grundsätze des „einheitlichen Vertragswerks“1). Soll heißen: Besteht eine besondere Verknüpfung zwischen Grundstückskauf und Bauvertrag und haben die am Kauf beteiligten Personen zusammengewirkt, wird unterstellt, dass der Häuslebauer ein bereits bebautes Grundstück angeschafft hat.
Beispiel: Apothekerin Peters erwirbt ein unbebautes Grundstück in Nordrhein-Westfalen für 150.000 € und lässt es mit einem Zweifamilienhaus (Kosten: 500.000 €) bebauen. Sofern nach den Umständen des Einzelfalls ein einheitliches Vertragswerk vorliegen sollte, verteuert sich das Projekt um immerhin 32.500 € (500.000 € x 6,5 %).
Städtebauliche Entwicklung
Kommunen haben vielfach ein besonderes Interesse daran, die Entwicklung eines Baugebiets gezielt zu steuern und in eine bestimmte Richtung zu lenken. Nach Ansicht der rheinland- pfälzischen Finanzverwaltung sollte dies unlängst etlichen Bauherren zum Verhängnis werden, die in Mainz Grundstücke erworben hatten. Denn neben den öffentlich-rechtlichen Vorgaben des Bebauungsplans wurde ein Gestaltungshandbuch geschaffen, das ebenfalls verpflichtende Grundlage für die planerischen Überlegungen der Käufer sein sollte. Die Umsetzung des Gestaltungshandbuchs wurde durch eine Lenkungsgruppe gesteuert, die sich aus Vertretern des Entwicklungsträgers und der Stadt (Planungsamt) zusammensetzte.
Nicht zuletzt aufgrund dieser Vorgaben vertrat das Finanzamt und später auch das Finanzgericht Rheinland-Pfalz die Auffassung, dass die Grunderwerbsteuer jeweils auch auf die Baukosten entrichtet werden müsse. Insoweit war man nämlich der Meinung, dass die Herstellungsverpflichtung im Rahmen eines umfangreichen Vertragsgefüges auf die Erwerber „delegiert“ worden sei. Es sei dann auch unerheblich, dass die Häuslebauer den planenden Architekten und das ausführende Bauunternehmen frei wählen konnten.
Dem trat der Bundesfinanzhof nun glücklicherweise entgegen2). Nach Ansicht des obersten deutschen Steuergerichts reicht allein die Verpflichtung des Erwerbers, das zum Zeitpunkt des Erwerbs noch unbebaute Grundstück alsbald nach den gestalterischen Vorgaben der Veräußererseite (hier: Stadt) zu bebauen, für sich allein nicht aus um anzunehmen, dass der Erwerber das Grundstück im bebauten Zustand erwirbt. Hinzukommen muss, dass das vom Erwerber mit der Bebauung beauftragte Bauunternehmen zum Zeitpunkt des Erwerbs zur Veräußererseite gehörte.
Auch wenn die Revisionen der Kläger Erfolg hatten, zeigen die Fälle eindrucksvoll, wie schnell man sich im „Anwendungsbereich“ des einheitlichen Vertragswerks wiederfinden kann und gegebenenfalls mit erheblichen Zusatzbelastungen konfrontiert wird.
Hinweis: Oftmals wird die konkrete Beweisaufnahme über den Ausgang solcher bzw. ähnlicher Verfahren entscheiden. „Befragt“ werden dann regelmäßig der Veräußerer und auch der Bauunternehmer. Sofern die Mitwirkung des Grundstücksverkäufers bei der Auswahl des Bauunternehmens nicht über allgemeine Hinweise hinausgeht, sollte es gelingen, die Baukosten aus der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer herauszuhalten.
1) Vgl. AWA-Ausgabe Nr. 5 vom 1. März 2014, Seite 17.
2) Vgl. Urteile vom 6. Juli 2016, Aktenzeichen II R 4/15 und II R 5/15.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(03):17-17