Change Management

Veränderungen in der Apotheke durchsetzen


Dr. Andreas Nagel

„Der Mensch ist ein Gewohnheitstier“, sagt der Volksmund. Deshalb arbeiten viele Unternehmen nach dem Prinzip „Haben wir schon immer so gemacht“. Dabei besteht allerdings die Gefahr, Marktveränderungen nicht rechtzeitig zu erkennen und im Wettbewerb zurückzufallen.

Die Apothekenbranche unterliegt ständigen Veränderungen. Das Erkennen und Bewältigen dieser Veränderungen wird als „Change Management“ bezeichnet. Eine wichtige unternehmerische Aufgabe jedes Apothekeninhabers ist es, die Entwicklung der Apothekenbranche regelmäßig zu beobachten und sich zu fragen: „Werde ich mit der derzeitigen Arbeitsweise und dem derzeitigen Produkt-/Leistungsangebot auch in Zukunft wettbewerbsfähig sein? Oder gibt es Branchentrends, auf die ich unbedingt reagieren muss, um meine Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten?“

Zur Beantwortung dieser Frage ist auch eine kritische Betrachtung der eigenen Apotheke erforderlich. Versetzen Sie sich in die Situation Ihrer Kunden und fragen Sie sich: „Wie würde ich mich als Kunde in meiner eigenen Apotheke fühlen? Werden Produkt- und Servicewünsche erfüllt? Wie verhält sich das Team im Kundenkontakt?“ Daraus ergeben sich oft Ansatzpunkte für erforderliche Veränderungen. Zudem sollten die Aktivitäten der Mitbewerber regelmäßig beobachtet werden.

Veränderungsbedarf kommunizieren

Veränderungen durchzusetzen ist manchmal nicht einfach, solange in der Apotheke „eigentlich alles ganz gut läuft“ und (noch) kein akuter „Leidensdruck“ besteht. In einigen Fällen werden Sie Ihre Mitarbeiter daher zunächst von der Notwendigkeit der geplanten Veränderung überzeugen müssen. Erläutern Sie in einem Teamgespräch die Gründe für die Veränderung und verweisen Sie dabei ggf. auf Marktentwicklungen bzw. auf die Aktivitäten anderer Apotheken. Erklären Sie, dass Stillstand oft Rückschritt bedeutet und dazu führt, dass Arbeitsplätze in Gefahr geraten.

Unabhängig von konkret erforderlichen Einzelmaßnahmen können Sie bei Mitarbeiterbesprechungen regelmäßig kommunizieren, dass wir in einer Zeit des schnellen Wandels leben und dass Veränderungen im Berufsleben der Normalfall und nicht der Ausnahmefall sind. Auf diese Weise schaffen Sie in den Köpfen Ihrer Mitarbeiter ein generelles Verständnis für die Notwendigkeit von Veränderungen.

Mitarbeiter einbeziehen

Den meisten Menschen fällt es schwer, gewohnte Denk- und Arbeitsweisen aufzugeben. Bei Veränderungen fragt sich jeder Mitarbeiter instinktiv: „Welche Folgen hat die Veränderung für mich ganz persönlich?“ Wenn derzeitige Arbeitsabläufe, Tätigkeitsbereiche, Arbeitszeiten und „Besitzstände“ infrage gestellt werden, so müssen Sie natürlich mit Widerstand aus dem Mitarbeiterkreis rechnen. Typische Reaktionen sind oft: „Das haben wir doch schon immer so gemacht!“ oder „Warum sollen wir unser bisheriges System ändern? Es läuft doch alles!“ oder „Dafür fehlt uns die Zeit!“ oder „Was sollen wir denn noch alles machen?“.

Rechnen Sie von vornherein mit derartigen Reaktionen. Bleiben Sie aber trotz dieser Widerstände gelassen und reagieren Sie nicht verärgert. Zeigen Sie Verständnis für die Bedenken Ihrer Mitarbeiter, auch wenn Ihnen einzelne Argumente abwegig erscheinen. Wenn Sie sagen „Ich verstehe Ihre Bedenken“, bedeutet dies ja nicht, dass Sie derselben Meinung sind wie Ihr Gesprächspartner. „Ich verstehe“ bedeutet in diesem Fall nur, dass Sie akzeptieren („verstehen“), dass Ihr Gesprächspartner eine andere Meinung hat.

Greifen Sie Mitarbeiter auch niemals wegen abweichender Meinungen persönlich an. Die Diskussion sollte sich immer nur um sachliche Argumente drehen.

Bauen Sie alle konstruktiven Vorschläge in Ihr Konzept ein und bedanken Sie sich bei dem betreffenden Mitarbeiter für die Anregung: „Sie haben recht, vielen Dank für Ihren Hinweis. Das ist natürlich ein wichtiger Aspekt, den wir berücksichtigen müssen.“

Machen Sie ggf. bei denjenigen Punkten Ihres Vorhabens Zugeständnisse, die den Kern Ihres Anliegens nicht gefährden. Sie werden Ihr Ziel leichter erreichen, wenn Ihre Mitarbeiter erkennen, dass ihre Bedenken ernst genommen werden und dass Sie sich kompromissbereit zeigen.

Bei manchen Veränderungen ist es auch möglich, Mitarbeiter durch eine „Testphase“ zu überzeugen. Schlagen Sie vor, die neue Vorgehensweise zunächst über einen zeitlich begrenzten Zeitraum auszuprobieren und ggf. zur bisherigen Arbeitsweise zurückzukehren, wenn sich das neue Vorgehen nicht bewährt. Auch der Hinweis auf andere Apotheken, die bestimmte Veränderungen bereits umgesetzt haben, kann zur Überzeugung der Mitarbeiter herangezogen werden.

Einwände vorwegnehmen

Bei größeren Veränderungen sollten Sie die Auswirkungen auf Ihre Mitarbeiter bereits im Vorfeld genau analysieren. Fragen Sie sich: Welche Auswirkungen ergeben sich auf Arbeitsabläufe, Arbeitszeiten, fachliche Anforderungen, die Art der Zusammenarbeit und auf „Besitzstände“. Erstellen Sie eine Liste möglicher Einwände und entwickeln Sie geeignete Gegenargumente. Sprechen Sie diese Einwände von sich aus offen an, um eine Diskussion der Mitarbeiter „hinter den Kulissen“ zu vermeiden. Wenn Ihnen zu unerwarteten Einwänden nicht sofort ein Gegenargument einfällt, so bezeichnen Sie den Einwand zunächst als „interessanten Aspekt“, über den Sie noch einmal nachdenken möchten.

„Verlierer“ ansprechen

Als Chef neigt man dazu, Veränderungen ausschließlich positiv und „rosarot“ darzustellen. In einigen Fällen wird es bei Veränderungen aber auch offensichtliche „Verlierer“ geben, für welche die Veränderung nachteilige Folgen hat. Sprechen Sie mit diesen Mitarbeitern offen und ehrlich über die Negativkonsequenzen. Erläutern Sie ggf. in einem Einzelgespräch nochmals die Notwendigkeit der Veränderung und die Gründe für Ihre Entscheidung. Versuchen Sie dabei nicht, die negativen Konsequenzen zu beschönigen. Zeigen Sie Verständnis dafür, das der Mitarbeiter von der für ihn negativen Veränderung nicht begeistert ist. Tenor: „Ich verstehe sehr gut, dass Sie von der Veränderung nicht begeistert sind. Ich sehe aber im Interesse der Apotheke bzw. im Interesse des gesamten Teams keine andere Möglichkeit.“

Veränderungen umsetzen

Eine ständige Verbesserung in kleinen Schritten kann in jeder Apotheke bereits durch einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) erreicht werden. Beim KVP werden die Mitarbeiter selbst zu Initiatoren von kleinen, aber regelmäßigen Verbesserungen. Verbesserungsvorschläge können vom Mitarbeiter in einem entsprechenden Formular formuliert werden. Manche Apotheken verwenden zur einfachen und schnellen Erfassung von Ideen auch ein „Ideenbuch“. Dabei handelt es sich um ein leeres DIN-A5-Heft aus dem Schreibwarenhandel, das im Pausenraum ausgelegt wird und in das Ideen stichwortartig eingetragen werden können. Die Ideen werden dann bei der nächsten Mitarbeiterbesprechung diskutiert und ggf. anschließend umgesetzt.

Bei grundlegenden Veränderungen, die Sie als Apothekeninhaber für zwingend erforderlich halten, ist eine Diskussion mit den Mitarbeitern über die Notwendigkeit der Maßnahme oft nicht angebracht. Bei derartigen Maßnahmen geht es meist nicht mehr um das „Ob“, sondern nur noch um das „Wie“. In diesen Fällen können Sie Ihr Team mit einer „Auftakt-Rede“ (siehe auch unten stehende Liste) von der Notwendigkeit der geplanten Veränderungen überzeugen.

Dr. Andreas Nagel, 31535 Neustadt, E-Mail: dr.andreasnagel@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(03):12-12