Neue Informationspflichten nach dem VSBG

Ärger mit Abmahnungen vermeiden


Dr. Bettina Mecking

Mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) kommen neue Verpflichtungen auf die Apotheker zu: Sie müssen sich äußern, ob sie bereit sind, an alternativen Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen. Lesen Sie nachfolgend, in welchen Fällen Sie aktiv werden müssen.

Mit dem VSBG werden die europäischen Vorgaben der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten in nationales Recht umgesetzt. Unternehmen sollen mithelfen, den Weg zur Verbraucherschlichtung möglichst transparent zu gestalten. Für die Unternehmen des Einzelhandels sind insbesondere die §§ 36, 37 VSBG von Bedeutung.

Für Apotheker ist es sinnvoll, die vorgeschriebenen neuen Verbraucherinformationen tatsächlich bereitzustellen. Der Aufwand ist zu gering, um den Ärger bei Nichtinformation zu provozieren. Versäumt ein Unternehmer die vorgeschriebenen Verbraucherinformationen, kann er kostenträchtig abgemahnt werden. Der Verbraucher kann zudem ggf. einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung vertraglicher Pflichten geltend machen. Ein solcher wird zwar praktisch schwer durchzusetzen sein, aber beschäftigen müsste sich der Unternehmer dennoch damit.

Zu differenzieren ist zwischen den allgemeinen Informationspflichten (§ 36 VSBG) und den Informationspflichten nach Entstehen der Streitigkeit (§ 37 VSBG).

Wer ist verpflichtet?

Eine Apotheke ist zur Angabe von allgemeinen Informationen nach § 36 VSBG verpflichtet, soweit (kumulative Voraussetzungen)

  • sie neben Arzneimitteln und Medizinprodukten Waren des sogenannten Nebensortiments im Sinne des § 1a Absatz 10 Apothekenbetriebsordnung, wie Nahrungsergänzungsmittel oder Mittel zur Körperpflege, anbietet,
  • es sich um ein Unternehmen mit mehr als zehn Beschäftigten handelt (Zahl der Köpfe, Stichtag für die Feststellung ist der 31.12. des vergangenen Jahres) und
  • sie eine Webseite unterhält und/oder gegenüber ihren Kunden Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwendet.

Im Hinblick auf das bloße Angebot von Arzneimitteln und Medizinprodukten bestehen keine Informationspflichten.

Apotheken, die aufgrund ihrer Beschäftigtenzahl von der neuen Informationspflicht erfasst sind, müssen diese aber nur umsetzen, wenn sie eine Webseite unterhalten und/oder AGB verwenden. Ist dies nicht der Fall, können sie auf freiwilliger Basis in beliebiger Form darauf hinweisen, dass sie zur Teilnahme an Streitbeilegungsverfahren bereit sind.

Wer als Apotheker der Informationspflicht unterliegt, muss leicht zugänglich, klar und verständlich Folgendes mitteilen:

  • inwieweit er bereit ist, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen;
  • wenn er bereit ist, muss er die zuständige Schlichtungsstelle mit Adresse und Webseite benennen und seine ausdrückliche Bereitschaft erklären, vor dieser Stelle Streitigkeiten zu klären;
  • wenn er nicht zur Verbraucherstreitbeilegung bereit ist, muss er dies ausdrücklich erklären.

Eine gesetzliche oder satzungsrechtliche Verpflichtung der Apotheken zur Teilnahme an Streitbeilegungsverfahren besteht nicht. Die Teilnahme ist also freiwillig. Ein Anreiz für die Unternehmen, sich bereit zu erklären, an einem freiwilligen Streitbeilegungsverfahren teil-zunehmen, ergibt sich etwa aus der Verschwiegenheitsverpflichtung des Streitmittlers gemäß § 22 VSBG. Das Prinzip der Vertraulichkeit kann ein großer Vorteil gerade für Unternehmen gegenüber den ansonsten öffentlich zugänglichen Gerichtsverfahren sein. Zeitgleich unterstehen die privaten Stellen staatlichen Qualitätsanforderungen bei geringerem Kostenaufwand und schnellerer Klärung.

Für die praktische Umsetzung der Informationspflichten nach § 36 VSBG bieten sich folgende Muster an:

Muster: Ablehnung der Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren
„Die X-Apotheke ist weder verpflichtet noch dazu bereit, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.“

Man könnte hier individuell ergänzen, dass man trotz genereller Ablehnung gleichwohl im Einzel-fall für ein parteiinternes, unformalisiertes Einigungsgespräch zur Verfügung steht.

Muster: Bereitschaft zur Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren
„Die X-Apotheke ist bereit, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.“ (eine bestimmte Verbraucherschlichtungsstelle benennen)

Wo muss informiert werden?

Der jeweilige Hinweis muss laut Gesetzestext „leicht zugänglich“ erfolgen, und zwar

„1. auf der Webseite des Unternehmers erscheinen, wenn der Unternehmer eine Webseite unterhält,

2. zusammen mit seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegeben werden, wenn der Unternehmer Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet.“

Empfehlenswert ist die Aufnahme des Hinweises sowohl im Impressum der Webseite als auch in den AGB.

Besondere Informationspflicht nach § 37 VSBG

Die besondere Informationspflicht nach § 37 VSBG trifft im Gegensatz zu § 36 VSBG grundsätzlich jede Apotheke, also unabhängig von der Führung einer Webseite oder der Benutzung von ABG. Sie besteht für alle betroffenen Unternehmer und hängt nicht von der Mitarbeiterzahl ab.

Sie knüpft an die Situation zeitlich nach Entstehung eines Streits zwischen dem Unterneh-mer und einem Verbraucher an. Konnte eine Streitigkeit zwischen dem Unternehmer und seinem Kunden nicht beigelegt werden, muss der Unternehmer den Verbraucher zum einen auf die für ihn zuständige Verbraucherschlichtungsstelle inklusive Anschrift und Webseite hinweisen und ihn zum anderen darüber informieren, ob er zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Stelle bereit ist.

Der Hinweis muss in Textform erfolgen. Ein Hinweis auf der Webseite ist also nicht ausreichend. Empfehlenswert ist es, den betroffenen Kunden schriftlich, d.h. per Brief oder E-Mail, zu informieren, und zwar bei Ablehnung folgendermaßen:

Muster: Ablehnung der Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren
„Bei Streitigkeiten mit der X-Apotheke wäre die Streitbeilegungsstelle Y, Straße und Hausnummer, Postleitzahl und Ort, www.webseite.de zuständig. Eine Teilnahme an Streitbeilegungsverfahren lehnt die X-Apotheke allerdings ab.“

Die Bereitschaft zur Teilnahme kann wie folgt erklärt werden:

Muster: Bereitschaft zur Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren
„Die X-Apotheke ist bereit, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen. Zuständig ist die Verbraucherschlichtungsstelle Y, Straße und Hausnummer, Postleitzahl und Ort, www.webseite.de.

Die derzeit einzige anerkannte allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle ist die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V. (www.verbraucher-schlichter.de). Diese wäre in der Information als zuständige Verbraucherschlichtungsstelle anzugeben.

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat einen Leitfaden für Unter-nehmen zum Thema „Verbraucherschlichtung“ erstellt (www.bmjv.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Verbraucherschlichtung.html).

Dr. Bettina Mecking, Justiziarin der Apothekerkammer Nordrhein, Fachanwältin für Medizinrecht, 40213 Düsseldorf, E-Mail: b.mecking@aknr.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(04):15-15