Skonto

Rohertragsquelle oder Risikofaktor?


Doris Zur Mühlen

Die konsequente Nutzung von Skonti trägt, wie auch Rabatte, wesentlich zur Wirtschaftlichkeit einer Apotheke bei. Sie sind Quelle des Rohertrags und letztendlich des Ertrags. Kürzungen in diesem Bereich beinhalten für jede Apotheke ein gewisses Risiko, das der Inhaber kennen sollte.

Im betriebswirtschaftlichen Bereich ist Skonto nicht direkt als Einkaufsvorteil zu betrachten. Skonto stellt eine Art Frühzahlungsanreiz dar, mithilfe dessen die Apotheke einen zusätzlichen Rohertrag generieren kann. Allgemein gilt: Jede Rechnung sollte unter Nutzung von Skonto beglichen werden, ggf. auch unter kurzzeitiger Inanspruchnahme von Kontokorrent. Noch größer ist der Vorteil von Skonto bei der Nutzung von betrieblichen Eigenmitteln, weil deren Verzinsung im Moment bei etwa 0,5 % liegt. Ein praktikabler Vergleich bietet sich über den Zinssatz an. Apotheke A erhält z.B. eine Rechnung mit einem Zahlungsziel von 30 Tagen, dann Zahlung ohne Abzug. Bei Zahlung innerhalb von 10 Tagen wird ein Skonto in Höhe von 1 % (Skontosatz) gewährt, d.h., wird die Rechnung 20 Tage (Skontofrist) früher bezahlt, entspricht das einem Jahreszins von 18 % (s. Beispielrechnung rechts unten). Im Vergleich dazu bewegt sich der Zinssatz für einen Kontokorrent i.d.R. zwischen 7 % bis 9 % p.a. und im Festgeldbereich heute um die 0 %.

Nach überschlägigen Berechnungen generiert eine Apotheke mit einem Umsatz von etwa 2 Mio.€ und durchschnittlichem Versorgungsprofil aus Skonti (je nach Höhe des Skontosatzes) einen Rohertrag in Höhe von 15.000€ bis 30.000 € pro Jahr (Rx-Bereich: 10.000€ bis 25.000 €).

Ausgangssituation: Preisbildung im Rx-Bereich

Nach der AMPreisV beträgt auf der Großhandelsstufe der Aufschlag auf den Abgabepreis pharmazeutischer Unternehmer (ApU) 3,15 %, dazu kommt ein Festzuschlag von 0,70 € (Beispiel: ApU 100,00 € + Aufschlag 3,15 € = 103,15 € + Festzuschlag 0,70 € = Apothekeneinkaufspreis 103,85 €). Der Festzuschlag gilt allgemein als nicht rabattfähig. Berechnungsgrundlage für Rabatte ist deshalb der sogenannte rabattfähige Einkaufspreis (s.o. 103,15 €). Für den Rabatt steht also ein Betrag in Höhe von 3,15 € zur Verfügung, bezogen auf den rabattfähigen EK von 103,15 € sind das 3,05 %. Dem Lieferanten verbleiben 100,70 € (ApU + 0,70 € Festzuschlag). Wenn jetzt noch Skonto (z.B. 2,5 %) auf den skontofähigen Umsatz gewährt wird, reduziert sich der Betrag auf 98,20 €, ein Wert unterhalb des ApU. Der Festzuschlag auf der Großhandelsstufe wird vollständig aufgebraucht und mehr. Hieraus resultiert der Streitpunkt im sogenannten Skonto-Prozess, den die Wettbewerbszentrale gegen den Lieferanten AEP führt.

Risikofaktor Skonto-Prozess

Die Wettbewerbszentrale sah im Konditionsmodell von AEP einen Verstoß gegen die AMPreisV und reichte Klage ein. Die Gerichte sollten klären, ob Preisnachlässe in Summe (Rabatte und Skonti) größer als der prozentuale Aufschlag von 3,15 % zulässig sind. Das Landgericht Aschaffenburg bestätigte Ende Oktober 2015 die Verfahrensweise des Lieferanten. Es argumentierte: Skonti seien kein reiner Preisnachlass, sondern Gegenleistung für vorfristige Zahlung. Im Berufungsverfahren folgte das Oberlandesgericht Bamberg Ende Juni 2016 allerdings der Ansicht der Wettbewerbszentrale.

Nun muss der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden, der Zeitpunkt ist gegenwärtig noch offen. Alles ist denkbar, insofern ist der Skonto-Prozess als Risikofaktor für alle Apotheken zu betrachten. Denn vielfach erhalten sie in Summe Einkaufskonditionen, die den „zulässigen“ Betrag von rund 3 % deutlich überschreiten.

Nicht Vogel-Strauß-Verhalten ist die Lösung, sondern aktive Auseinandersetzung mit der Situation mit dem Ziel, den eventuell durch Skontokürzungen gefährdeten Rohertrag für die eigene Apotheke zu quantifizieren. Weiterführend sind dann Handlungsalternativen zu entwickeln, um den Rohertragsverlust durch zielgerichtete Umsatzentwicklung zu kompensieren. Eine andere Möglichkeit setzt an der Verwendung des Rohertrags, also bei den Kosten an.

Anmerkung: Ziel der Risikoanalyse ist nicht die Ermittlung des Rohertragsrisikopotenzials auf den Euro genau. Wichtig ist die Größenordnung (in tausend Euro), die man für den Worst Case im Auge behalten muss. Am Rande: Sollte durch den BGH die generelle Beschränkung der Konditionen (Rabatte und Skonti) auf den Aufschlagssatz der Großhandelsstufe erfolgen, dann dürfte das den gesamten Rx-Einkauf tangieren, gleich ob beim Großhandel oder direkt.

Um die möglichen Auswirkungen aus dem Skonto-Prozess zu veranschaulichen, analysieren wir Apotheke B. Sie hat ein durchschnittliches Versorgungsprofil mit der in der Tabelle unten dargestellten Umsatzstruktur. Da die Hochpreiser (ApU > 1.200 €) i.d.R. nur begrenzt, häufig mit einer Pauschale je Packung, rabattiert werden und der OTC-Bereich keiner Preisbindung unterliegt, gehen wir für diese Bereiche von unveränderten Konditionen aus.

Was benötigt man für die Skonto-Risikoanalyse? Gegenstand des Skonto-Prozesses ist der Rx-Bereich. Eine Möglichkeit, ein hinreichend genaues Ergebnis zu erhalten, ist die Auswertung der Rezeptabrechnungen, da das Rx-Geschäft überwiegend über die Gesetzlichen Krankenversicherungen (ca. 90 %) abgewickelt wird. Die Rezeptabrechnungen enthalten meist die notwendigen Strukturdaten des Rezeptumsatzes und für den Bereich der Rx-Fertigarzneimittel Kennzahlen wie Taxumsatz, Tax-EK und Packungszahl. Falls diese Kennzahlen nicht vollständig ausgewiesen werden, sollte man sie von der Abrechnungsstelle anfordern. Weiterhin benötigt man für die Risikoanalyse die mit den Lieferanten vereinbarten Konditionen, insbesondere die Skontoregelung, sowie einen Überblick der im Direkteinkauf generierten Skonti.

Im Rx-Bereich (ohne Hochpreiser) erhält Apotheke B einen einheitlichen Rabatt von 3,05 %. Bei Einhaltung der Skontofristen kommen 1,5 % Skonto hinzu. Das bedeutet in Summe eine Gesamtkondition von rund 4,5 %. Im Einzelnen ergeben sich die in der Tabelle unten dargestellten Preisnachlässe.

Im Hinblick auf den Skonto-Prozess hat Apotheke B somit ein Rohertrags-Risikopotenzial in Höhe von rund 16.400 €. Anmerkung am Rande: Das entspricht in etwa den Personalkosten einer „halben“ PTA.

Bei einem Skontosatz von 2,5 % erhöht sich der Risikobetrag auf rund 27.300 €. Folgt der BGH der Auffassung der Wettbewerbszentrale und werden die Preisnachlässe (Rabatt und Skonto) im Rx-Bereich in Summe auf den prozentualen Aufschlag der Großhandelsstufe begrenzt, erhöht sich der Rx-Wareneinsatz (1.098.355 €) um den ermittelten Skontobetrag (16.390 €) auf rund 1.114.745 €. Werden die beiden Wareneinsatzwerte auf die Rx-Umsatzerlöse (1.400.000 €) bezogen, ergibt sich bei Wegfall des Skontobetrages eine Erhöhung der Wareneinsatzquote um ca. 0,9 %-Punkte.

Erfahrungsgemäß sollte man die Risikoanalyse bis zur Geldverwendungsrechnung durchrechnen. Diese ist ausführlich in der AWA-Ausgabe vom 15. April 2014 dargestellt. Kann die Apotheke nicht gegensteuern (s.o.), führt das bei Verwendung des Spitzensteuersatzes effektiv zu einem Liquiditätsverlust in Höhe von ca. 7.200 €. Dafür sind in praxi häufig kaum Reserven vorhanden.

Das Risikopotenzial der einzelnen Apotheke hängt zum einen von Umfang und Struktur ihrer Versorgungsaufgabe, dabei insbesondere ihres Rx-Bereiches, sowie den vereinbarten und realisierten Einkaufskonditionen ab. Insofern sollte jeder Inhaber sich mit diesem Thema, ggf. gemeinsam mit seinem sachkundigen Steuerberater, auseinandersetzen, um rechtzeitig gegenzusteuern.

Dipl.-Bw. Doris Zur Mühlen, Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin, Geschäftsführende Gesellschafterin der RST Steuerberatungsgesellschaft mbH, 45130 Essen, E-Mail: dzurmuehlen@rst-beratung.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(07):7-7