Jasmin Theuringer
Apothekerinnen und Apotheker, die ihre Approbation im Ausland erworben haben, müssen diese in Deutschland anerkennen lassen, um hier in ihrem erlernten Beruf arbeiten zu können. Der Weg zur Anerkennung ist vor allem für Abschlüsse aus Nicht-EU-Staaten langwierig, insbesondere die Fachsprachenprüfung stellt die Bewerber vor große Herausforderungen. Bevor jedoch ein syrischer Kollege während des Anerkennungsverfahrens eingestellt wird, ist der rechtliche Rahmen einer Beschäftigung zu prüfen.
Aufenthaltsstatus und Arbeitserlaubnis
Als Flüchtlinge werden umgangssprachlich verschiedene Personengruppen bezeichnet, die rechtlich betrachtet durchaus unterschiedliche Status haben können. Von dem jeweiligen Aufenthaltsstatus ist es abhängig, ob die Aufnahme einer Beschäftigung in Deutschland erlaubt ist. Vor Beginn der Beschäftigung ist es die Pflicht des künftigen Arbeitgebers zu prüfen, ob eine Arbeitserlaubnis vorliegt. Diese ist in der Regel auf dem Aufenthaltsdokument vermerkt. Der Apothekenbetreiber ist also gut beraten, sich dieses Dokument zeigen zu lassen und – falls es zur Aufnahme einer Beschäftigung kommt – eine Kopie zu den Unterlagen zu nehmen.
Fehlt eine Arbeitserlaubnis, scheidet jedwede Beschäftigung aus. Zu einer Beschäftigung in diesem Sinne zählen nicht nur klassische Arbeitsverhältnisse, sondern ebenso Praktika. Auch diese bedürfen einer Arbeitserlaubnis.
Abgrenzung Praktikum und Hospitation
Ohne das Vorliegen einer Arbeitserlaubnis ist dagegen eine sogenannte Hospitation möglich. Doch was unterscheidet diese bürokratisch unproblematische Hospitation von einem Praktikum?
Ein Praktikant unterzieht sich für einen vorübergehenden Zeitraum einer betrieblichen Ausbildung, um praktische Kenntnisse und Erfahrungen zu sammeln. Ist das Praktikum von einer Prüfungsordnung zwingend als studien- bzw. ausbildungsbegleitend vorgeschrieben, handelt es sich um ein Pflichtpraktikum. Der Praktikant unterliegt im Hinblick auf seine Tätigkeit dem umfassenden Weisungsrecht des Ausbilders und erhält eine Ausbildungsvergütung.
Die Hospitation wird bereits durch ihre Bezeichnung treffend beschrieben, diese leitet sich aus dem Lateinischen „hospitare“ = „zu Gast sein“ ab. Der Hospitant ist also Gast in der Apotheke. Als solcher hat er keinerlei Pflichten, keine festen Anwesenheitszeiten, unterliegt keinerlei Weisungen des Apothekenleiters und er arbeitet nicht. Es handelt sich also um eine rein beobachtende Tätigkeit, der Hospitant schaut dem Apothekenleiter über die Schulter.
Einsatzmöglichkeit und Vergütung
Vor Anerkennung der Approbation dürfen die klassischen pharmazeutischen Tätigkeiten des § 1a Absatz 3 ApoBetrO grundsätzlich noch nicht erbracht werden. Zum einen gehört der syrische Apotheker vor der Anerkennung noch nicht zum pharmazeutischen Personal, zum anderen setzt die Ausübung pharmazeutischer Tätigkeiten auch die notwendige Kenntnis der deutschen Sprache sowie des deutschen Rechts voraus, vgl. § 3 Absatz 5 ApoBetrO. Es ist jedoch möglich, vor Anerkennung der ausländischen Approbation auf Antrag eine befristete Berufserlaubnis zu erhalten. Liegt diese vor, so kann der syrische Mitarbeiter wie ein Pharmazeut im Praktikum unter Aufsicht eines Apothekers eingesetzt werden.
Sobald der ausländische Apotheker eine Anerkennung seiner Approbation in Deutschland erhalten hat, ist er selbstverständlich nicht anders zu entlohnen als seine deutschen Kollegen. Wird er hingegen bereits vor der Anerkennung in einer Apotheke beschäftigt, so entscheidet die Art der Beschäftigung über die angemessene Vergütung.
Um welche Art einer Beschäftigung es sich handelt, richtet sich nicht danach, wie die Beschäftigung von den Parteien bezeichnet wird. Wesentlich ist stets, wie die Beschäftigung in der Praxis tatsächlich gelebt wird. Entscheidend ist also nicht, was draufsteht, sondern was drin ist.Bei einer Hospitation handelt es sich nicht um ein Beschäftigungsverhältnis im engeren Sinne, ein Hospitant erbringt keinerlei Arbeitsleistung und erhält daher auch keine Vergütung. Für alle anderen Beschäftigungen ist das Mindestlohngesetz zu beachten. Das Mindestlohngesetz interessiert sich weder für die Nationalität noch für die Sprachkenntnisse eines Beschäftigten.
Eine Ausnahme vom Mindestlohngesetz wird für sogenannte Orientierungspraktika, die nicht länger als drei Monate andauern dürfen, gemacht. Ein solches wird bei der Beschäftigung eines syrischen Kollegen jedoch kaum vorliegen, schließlich dient ein Orientierungspraktikum der Berufswahl. Diese hat der vermeintliche Praktikant aber bereits getroffen.
Von dem Mindestlohngesetz sind weiterhin Praktikanten ausgenommen, die ein Pflichtpraktikum absolvieren. Der Praktikant erhält eine Ausbildungsvergütung, deren Höhe vergleichsweise gering ist, da bei einem Praktikum die Vermittlung der Ausbildungsinhalte im Vordergrund steht. Ein Apotheker, der in Deutschland auf die Anerkennung seiner Approbation wartet, hat dagegen die Ausbildung in seinem Heimatland bereits abgeschlossen. Im Rahmen des Anerkennungsverfahrens ist in der Regel kein weiteres Praktikum vorgeschrieben. Die Anerkennung hängt vielmehr von dem Nachweis der erforderlichen Sprachkenntnisse und von dem Erwerb des Teils der Ausbildung ab, der naturgemäß nur in Deutschland absolviert wird. Dabei handelt es sich um die im Dritten Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung benötigten „Speziellen Rechtsgebiete für Apotheker“. Das Praktikum in einer deutschen Apotheke ist daher regelmäßig kein Pflichtpraktikum im Sinne des Mindestlohngesetzes.
Keine Beschäftigung unter Mindestlohn möglich
Auf politischer Ebene werden wiederholt Ausnahmen für Flüchtlinge vom Mindestlohn gefordert. Aus Angst, dass diese Ausnahmen weniger der Integration als vielmehr der Ausbeutung von Flüchtlingen dienen würden, haben sich diese Forderungen bislang nicht durchsetzen können. Das bedeutet: Es ist grundsätzlich nicht möglich, einen syrischen Apotheker als Praktikant in einer Apotheke zu beschäftigen und dabei weniger als den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen.
Eine Ausnahme soll nur dann gelten, wenn im Einzelfall das Praktikum von der zuständigen Behördeim Verfahren zur Anerkennung der Approbation gefordert worden ist. In diesem Ausnahmefall könne nach Auffassung einer Stellungnahme der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages vom 17.01.2017 (unter www.bundestag.de, „Mindestlohnfreiheit“ in Suchmaske eingeben) eine Vergütung unterhalb des Mindestlohns gezahlt werden.
Begründet wird dies damit, dass ein Missbrauch des Ausnahmetatbestands des Mindestlohngesetzes nicht in Betracht komme, zumal weder der Praktikant noch der Praktikumsgeber Einfluss darauf hätten, ob und für welche Dauer ein betriebliches Praktikum von der zuständigen Behörde verlangt werde.
Eine weitere Ausnahme kann nach dem von drei Ministerien herausgegebenen Papier „Gemeinsame Auslegung und Praxishinweise zur Anwendung des Mindestlohngesetzes im Kontext der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen“ dann vorliegen, wenn das Praktikum zwar nicht von der zur Anerkennung zuständigen Behörde verlangt wird, aber als Bestandteil eines Vorbereitungskurses zur Kenntnisprüfung vorgesehen ist. Dann soll ein Praktikum von bis zu dreiMonaten ohne Vergütung nach dem Mindestlohngesetz möglich sein. Angemessen dürfte aber zumindest die tarifliche Ausbildungsvergütung für einen Pharmaziepraktikanten sein.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(16):15-15