Dr. Andreas Nagel
Zu den Chef-Aufgaben gehören alle unternehmerischen Tätigkeiten, die Sie als Apothekeninhaber nur persönlich erledigen und nicht an Ihre Mitarbeiter delegieren können. Meist handelt es sich um Aufgaben, die zeitlich zwar nicht besonders dringend sind, die aber für den dauerhaften Erfolg der Apotheke eine besondere Bedeutung haben. Vielen Apothekenleitern ist durchaus bewusst, dass sie sich mit diesen wichtigen Aufgaben intensiv beschäftigen sollten. Aus zeitlichen oder organisatorischen Gründen bleiben diese Tätigkeiten aber trotzdem immer wieder auf der Strecke.
Sechs der wichtigsten Chef-Aufgaben stellen wir Ihnen im Folgenden vor. Außerdem erfahren Sie, wie Sie systematisch vorgehen, um diese Aufgaben auch tatsächlich neben dem aktuellen Tagesgeschäft erledigen zu können.
Aufgabe 1: Marktentwicklung beobachten
Informieren Sie sich regelmäßig über neue Trends und Entwicklungen in der Apothekenbranche. Dazu können Sie Branchenstudien der Berufsverbände nutzen oder regelmäßig die einschlägigen Branchenzeitschriften auswerten. Beobachten Sie außerdem die aktuellen Aktivitäten Ihrer Mitbewerber vor Ort (z.B. Produkt- und Leistungsangebot, Anzeigen, Aktionen, Homepage). Auf diese Weise erkennen Sie individuelle Stärken und Schwächen Ihrer Apotheke gegenüber anderen Anbietern.
Aufgabe 2: Strategie festlegen
Mit den Erkenntnissen aus der Markt- und Konkurrenzanalyse sollten Sie im nächsten Schritt folgende Fragen beantworten:
- Wird meine Apotheke mit dem derzeitigen Produkt- und Leistungsangebot auch in den kommenden drei bis fünf Jahren wettbewerbsfähig sein? Oder sind Trends erkennbar, auf die ich reagieren muss?
- Wie soll meine Apotheke in drei bis fünf Jahren aussehen?
- Was unterscheidet meine Apotheke von den Mitbewerbern vor Ort? Warum sollten Kunden in meiner Apotheke kaufen – und nicht bei einem Mitbewerber?
Anschließend geht es darum, konkrete Ziele für die nächsten zwölf Monate zu planen (vgl. hierzu AWA 3/2018). Formulieren Sie Ihre Ziele und die zur Zielerreichung notwendigen Maßnahmen so konkret und messbar wie möglich. Bestimmen Sie für jede Maßnahme
- einen Termin,
- den Zeitbedarf und
- eine für die Umsetzung verantwortliche Person.
Idealerweise steht am Ende des Planungsprozesses ein Aktionsplan, der für jedes Ziel bzw. für jede Maßnahme die Frage beantwortet: „Wer macht was bis wann?“
Aufgabe 3: Geschäftsentwicklung überwachen
Kontrollieren Sie die wirtschaftliche Entwicklung Ihrer Apotheke zeitnah und regelmäßig. Verwenden Sie dazu die monatliche betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) Ihres Steuerberaters. Legen Sie einen monatlichen Termin fest, an dem Sie sich ungestört mit den Zahlen Ihrer Apotheke beschäftigen. Fragen Sie sich dann immer:
- Wie waren Umsatz, Kosten, Gewinn und Liquidität während des zurückliegenden Monats im Vergleich zu den Vormonaten bzw. zum Vorjahr?
- Wie können Umsatz und Gewinn gesteigert und Kosten gesenkt werden?
Hierdurch ergeben sich regelmäßig neue Ideen zur Weiterentwicklung Ihrer Apotheke.
Aufgabe 4: Mitarbeiter adäquat führen
Zu den Chef-Aufgaben gehört auch die Regelung von Zuständigkeiten und Arbeitsabläufen in der Apotheke. Denken Sie bei allen Regelungen daran, dass Sie als Chef eine Vorbildfunktion haben. Wer von seinen Mitarbeitern Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit fordert, selbst aber Termine und Zusagen nicht immer einhält, verliert sehr schnell Respekt und Glaubwürdigkeit.
Prüfen Sie in regelmäßigen Abständen, ob Sie Aufgaben delegieren können, die Sie bisher gewohnheitsmäßig selbst erledigt haben. Die Zeit, die Sie einmalig in die Delegation bzw. in die Einarbeitung eines Mitarbeiters investieren, sparen Sie danach dauerhaft ein.
In Zeiten des Fachkräftemangels ist es außerdem wichtig, ein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen (vgl. auch AWA 1/2018). Fragen Sie sich doch einmal: „Warum sollte ein Bewerber sich ausgerechnet für meine Apotheke entscheiden und nicht für einen anderen Arbeitgeber?“ Nehmen Sie sich zur regelmäßigen Beobachtung und Verbesserung des „Betriebsklimas“ einmal pro Woche 15 bis 30 Minuten Zeit und fragen sich z.B.:
- Was läuft gut und was schlecht?
- Was verursacht den Mitarbeitern den größten Stress? Und was kann man dagegen tun?
- Wer ist überfordert, und wer braucht Unterstützung?
So werden Sie vermutlich immer wieder gute Ideen zur Mitarbeitermotivation und -bindung haben.
Aufgabe 5: Persönliche Weiterbildung
Nutzen Sie das umfangreiche Seminarangebot der Berufsverbände und anderer Anbieter zu Fragen der Apothekenführung. Schließen Sie sich einer Erfa-Gruppe an oder gründen Sie bei Bedarf selbst eine neue Gruppe, um mit Berufskollegen ins Gespräch zu kommen und neue Anregungen für die eigene Apotheke zu erhalten. Informationen über bestehende Erfa-Gruppen erhalten Sie bei den regionalen Kammern und Verbänden.
Bei speziellen Fragen kann eine individuelle Beratung sinnvoll sein, z.B. mit Unternehmensberatern, Bankern, Berufsorganisationen oder befreundeten Apothekern. Viele Steuerberater bieten neben der steuerlichen auch eine betriebswirtschaftliche Beratung an. Da Ihr Steuerberater die wirtschaftliche Situation Ihrer Apotheke umfassend kennt, kann er Ihnen oft wertvolle individuelle Hinweise geben.
Aufgabe 6: Notfallplan erstellen und aktualisieren
Eine „Pflichtaufgabe“ für jeden verantwortungsvollen Unternehmer ist die Erstellung eines Notfallplans. Fragen Sie sich: „Was soll geschehen, wenn ich wegen eines Unfalls oder einer Krankheit plötzlich ausfalle und für längere Zeit nicht in der Apotheke arbeiten kann?“ Mit einem Notfallplan stellen Sie sicher, dass dann zu den gesundheitlichen nicht noch organisatorische und wirtschaftliche Probleme hinzukommen.
Ihr Jahresplan für Chef-Aufgaben
Mit einem schriftlichen „Jahresplan für Chef-Aufgaben“ stellen Sie sicher, dass diese wichtigen Tätigkeiten nie wieder in Vergessenheit geraten. Erstellen Sie hierfür zunächst eine Tätigkeits-Liste. Entscheiden Sie dann, wie viel Zeit Sie für die einzelnen Aufgaben verwenden wollen und tragen Sie konkrete Termine in Ihren Kalender ein (vgl. Beispiel). Alternativ können Sie auch einen wöchentlichen „Termin mit sich selbst“ festlegen, zu dem Sie sich ungestört und in flexibler Reihenfolge mit Ihren Chef-Aufgaben beschäftigen.
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Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(04):10-10