Umsatzsteuerpflichtige Vermietung

Kündigung versus Vertragsauflösung


Helmut Lehr

Geschäfts- bzw. Gewerbeimmobilien werden häufig umsatzsteuerpflichtig vermietet. Bei vorzeitiger Beendigung des Mietverhältnisses muss genau unterschieden werden: Liegt ein nicht umsatzsteuerbarer Schadensersatz oder eine umsatzsteuerpflichtige Leistung vor?

Die langfristige Vermietung und die Verpachtung von bebauten Grundstücken sind grundsätzlich umsatzsteuerfrei. Ist der Mieter allerdings ein Unternehmer und zum Vorsteuerabzug berechtigt, kann der Vermieter in der Regel auf die Steuerfreiheit verzichten (sogenannte „Option“) und die Miete zuzüglich Umsatzsteuer berechnen. Das stellt für den Mieter kein Problem dar, weil er die berechnete Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen darf.

Hinweis: Für den Vermieter hat die Option den Vorteil, dass auch er die Umsatzsteuer aus seinen Eingangsleistungen (z.B. Herstellung oder Renovierung des Gebäudes) als Vorsteuer abziehen darf. Möglich ist dies, weil der Vermieter mit dem Mietobjekt umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt.

Vorzeitige Vertragsbeendigung

Auch wenn die umsatzsteuerpflichtige Behandlung auf den ersten Blick recht einfach erscheint, ergeben sich insbesondere bei vorzeitiger Vertragsbeendigung Besonderheiten, die oftmals nicht ausreichend beachtet werden. Hier muss nämlich genau unterschieden werden, ob der Vertrag wegen vertragswidrigen Verhaltens einer Partei von der anderen Partei (insbesondere dem Vermieter) gekündigt wurde oder ob sich Mieter und Vermieter einvernehmlich auf eine vorzeitige Beendigung verständigt haben (vgl. auch Tabelle 1).

Kündigung wegen vertragswidrigen Verhaltens

Kündigt der Vermieter den Mietvertrag, beispielsweise weil der Mieter abredewidrig nicht mehr zahlt, und fordert er vom Mieter Schadensersatz für ausgefallene Mieten etc., unterliegen solche Zahlungen in der Regel nicht der Umsatzsteuer.

Einbehalt der Mietkaution

Das Finanzgericht (FG) München hat mit rechtskräftigem Urteil vom 09.02.2017 (Aktenzeichen: 14 K 2480/14) bestätigt, dass „Entschädigungen“ an den Vermieter für die vorzeitige Räumung der Mieträume und die Aufgabe des noch laufenden Mietvertrags der Umsatzsteuer unterliegen. Begründung: Der Vermieter verzichtet dadurch auf eine ihm zustehende Rechtsposition (Mietvertrag bis zum regulären Vertragsende).

Anders sieht es aus, wenn der Mieter vertragswidrig die Mietzahlungen einstellt, der Vermieter deswegen den Mietvertrag kündigt und die Kaution als Schadensersatz einbehält, weil er vom Folgemieter nur eine niedrigere Miete bekommt. Für diesen Fall hat das FG München bestätigt, dass die einbehaltene Mietkaution Schadensersatz darstellt und nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

Zahlungen an den Mieter

In der Praxis gibt es natürlich auch Fälle, in denen der Mieter vom Vermieter eine „Abstands-“ oder „Entschädigungszahlung“ erhält, damit er den Mietvertrag vorzeitig beendet – so z.B., wenn der Vermieter einen neuen Mieter an der Hand hat, der bereit ist, deutlich mehr zu zahlen, oder wenn die Immobilie „neu entwickelt“ und dann gewinnbringend veräußert werden soll.

In solchen Fällen ist diese Zahlung grundsätzlich genauso zu beurteilen wie die Vermietung zuvor. Das bedeutet: Hat der Vermieter auf die Umsatzsteuerfreiheit seiner Vermietungsleistungen durch Option verzichtet und deshalb die Mieten zzgl. Umsatzsteuer fakturiert, unterliegt auch eine „Entschädigungszahlung“ für eine einvernehmliche vorzeitige Vertragsaufhebung zumindest nach derzeitiger Verwaltungsauffassung der Umsatzsteuer.

Hinweis I: Die Beteiligten „vergessen“ in diesen Fällen nicht selten die Umsatzversteuerung, weil sie die Zahlung als „Schadensersatz“, „Entschädigung“ o.Ä. bezeichnen. Die Bezeichnung spielt aber aus Sicht des Finanzamts keine Rolle: Es kommt vielmehr auf den wirtschaftlichen Gehalt der zugrunde liegenden Vereinbarung an.

Hinweis II: Ob die vorzeitige, einvernehmliche Vertragsaufhebung eines umsatzsteuerpflichtigen Mietverhältnisses gegen „Entschädigungszahlung“ tatsächlich umsatzsteuerpflichtig ist, muss der Bundesfinanzhof (BFH) in absehbarer Zeit erneut entscheiden. Ein entsprechendes Revisionsverfahren ist unter dem Aktenzeichen XI R 20/17 anhängig. Zumindest in der Vergangenheit hat der BFH die bisherige Verwaltungsauffassung wiederholt bestätigt. Dennoch gilt natürlich: Wer eine vergleichbare Zahlung nicht der Umsatzsteuer unterworfen hat und nun von der Finanzverwaltung in Anspruch genommen wird, könnte sich bis auf Weiteres auf das neue Revisionsverfahren beziehen.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(06):16-16