Großhandel

Spannenausgleich reloaded


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Obwohl schon Jahrzehnte alt, erlebt der sogenannte „Handelsspannenausgleich“ nach etlichen Höhen und Tiefen momentan wieder eine Renaissance. Doch was verbirgt sich dahinter überhaupt? Mit welchen Auswirkungen ist zu rechnen? Und wie können Sie gegensteuern?

Der Großhandel ist seit jeher bestrebt, eine bestimmte prozentuale Marge bei Rx zu erzielen. Diese war bereits vor Jahrzehnten bei damals degressiv gestalteten Aufschlägen vom jeweiligen Packungswert abhängig und ist es heute mit dem „kleinen Kombimodell“ noch immer: Je teurer die Packung, umso niedriger die Marge. Die absoluten Stückerträge steigen dennoch. Den Zusammenhang zwischen prozentualer Rx-Marge und Packungswert auf Grundlage der aktuellen Großhandelsvergütung (0,70 € fest plus 3,15% bei einem Deckel von 38,50 €) illustriert die Tabelle 1. Die vom Großhandel seinerseits erzielten Einkaufsrabatte bleiben außen vor, es wird nach Listenpreisen gerechnet.

Die Großhändler legen ihre „Rx-Zielspanne“ selbst fest. Sie liegt aktuell zumeist bei um 6,3% mit allenfalls einigen wenigen Zehntelprozenten Abweichung nach oben oder unten. Die Spanne wird kaufmännisch vom Umsatz des Großhandels (also dem Apothekeneinkaufspreis [AEP]) aus berechnet, bisweilen wird aber der niedrigere Listen-Herstellerpreis (ApU) zugrunde gelegt.

Hochpreiser bleiben logischerweise außen vor, denn sie werden i.d.R. mit einem absoluten Betrag rabattiert und nicht prozentual, da dem Großhandel auch nur die gedeckelten 38,50 € (plus eigene Rabatte bzw. Skonti) zur Verfügung stehen.

Weicht nun die Apotheke von dieser Zielspanne ab (weil ihre Rx-Packungen zu teuer sind), wird die Differenz als Malus vom eigentlich vereinbarten Rabatt abgezogen. Dies wird dann als „Konditionssicherungsausgleich“, „Bestellstrukturausgleich“, „Spannenausgleich“ oder „Packungswertausgleich“ bezeichnet. Theoretisch müsste bei niedrigeren Packungswerten ein Bonus winken; diesen gibt es kaum, zumal die Sollspannen oft unrealistisch niedrige Packungspreise implizieren. Zur Orientierung: Durchschnittlich kostet eine Rx-Packung (ohne Hochpreiser) aktuell gut 27 € zum AEP, entsprechend einer Spanne von knapp 5,6%.

Beispiel: Der Großhandel ruft 6,25% Zielspanne auf. Sie haben in einem Monat bei diesem Großhandel einen Durchschnitt der Rx-Packungswerte (ohne Hochpreiser) von 27,50 €, entsprechend 5,53% GH-Spanne. Das Einkaufsvolumen sei 100.000 €. Der Malus betrüge damit 5,53% minus 6,25% = –0,72%. Auf 100.000 € sind das 720 €.

Meist wird auf eben dieser Monatsbasis abgerechnet. Damit sind Schwankungen vorprogrammiert, die sich vornehmlich als Malus niederschlagen. Ein Zweitgroßhandel, der selbst um den Preis eines niedrigeren Grundrabatts keinen Spannenausgleich verlangt, kann die Lösung sein. Diesem leitet man gezielt teurere Packungen (nicht: Hochpreiser) zu, um beim Hauptgroßhandel so den Schnitt zu drücken und den Malus mehr oder weniger vollständig zu vermeiden. Hierzu müssen Sie die Packungsdurchschnitte der einzelnen Lieferanten laufend verfolgen und durch die Umleitung von höherwertigen Packungen steuern. Dieser Aufwand kann aber schnell einige hundert Euro im Monat einbringen.

Die Königslösung liegt indes darin, diesen Spannenausgleich, dessen Management erheblichen Aufwand erfordert, wegzuverhandeln. Starken Apotheken mit regionaler Marktbedeutung gelingt dies häufig.

Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(06):6-6