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Der Stärken-Schwächen-Test für Ihre Apotheke


Dr. Andreas Nagel

Wer im Wettbewerb nicht zurückfallen möchte, sollte seine Apotheke in regelmäßigen Abständen auf den „Prüfstand“ stellen. Durch einen systematischen Stärken-Schwächen-Test können Sie mit geringem Zeitaufwand wichtige Verbesserungsmöglichkeiten erkennen.

Wenn Sie einen solchen Test durchführen wollen, bietet sich ein Vorgehen in mehreren Schritten an.

Ihre Selbsteinschätzung

Fragen Sie sich zunächst, wo Sie selbst die individuellen Stärken und Schwächen Ihrer Apotheke sehen. Beurteilen Sie dazu die einzelnen Dimensionen in der Checkliste unten mit Noten von 1 (sehr gut) bis 6 (ungenügend). Dimensionen mit den Noten 1 oder 2 zeigen Ihre derzeitigen Stärken, Dimensionen mit den Noten 5 oder 6 Ihre Schwächen.

Wenn Sie alle Dimensionen bewertet haben, dann markieren Sie die drei aus Ihrer Sicht wichtigsten Stärken und die drei gefährlichsten Schwächen. So erkennen Sie, in welchen Bereichen (fast) kein und in welchen Bereichen der größte Handlungsbedarf besteht. Beziehen Sie bei Bedarf auch Ihre Mitarbeiter in die Bewertung ein. Denn schließlich ist es sinnvoll, mehrere Meinungen und Sichtweisen zu berücksichtigen.

Die Kundensicht

Ihre Selbsteinschätzung muss nicht in jedem Fall mit der Sichtweise Ihrer Kunden übereinstimmen. Vielleicht legen viele Kunden auf das, was Sie für eine besondere Stärke halten, gar keinen großen Wert. Oder sie nehmen eine von Ihnen empfundene Schwäche gar nicht als besonders negativ wahr. Deshalb sollten Sie Ihre Selbsteinschätzung durch eine Kundenbefragung überprüfen, z.B. mit einem Fragebogen oder durch persönliche Gespräche. Fragen Sie jede Woche drei bis fünf Kunden bei passender Gelegenheit nach ihrer Meinung.

Damit Ihre Kunden sich durch die Befragung nicht belästigt fühlen, sollten Sie natürlich zunächst ihr Einverständnis erfragen: „Herr Müller, wir überdenken gerade unser Leistungsangebot. Dabei ist uns die Meinung unserer Kunden ganz besonders wichtig. Haben Sie drei Minuten Zeit für drei kurze Fragen?“

Überfordern Sie die Kunden nicht durch eine Vielzahl von Fragen oder durch die Dauer des Gesprächs. Begrenzen Sie das Gespräch auf drei bis fünf ausgewählte Punkte. Akzeptieren Sie es auch ohne Verärgerung, wenn ein Kunde die Fragen aus zeitlichen oder persönlichen Gründen nicht beantworten möchte.

Stellen Sie in allen Kundengesprächen dieselben Fragen. Nur dann bekommen Sie Antworten, die Sie anschließend miteinander vergleichen können. Entwickeln Sie deswegen entweder einen eigenen Fragebogen oder verwenden Sie die im Muster unten vorgeschlagenen Fragen. Denken Sie bei der Zusammenstellung der Fragen zudem auch daran, dass Sie die Antworten der Kunden nicht nur miteinander, sondern auch mit Ihrer Selbsteinschätzung vergleichen möchten.

Notieren Sie sich nach jedem Gespräch die Antworten. Für wiederkehrende Antworten können Sie sich eine Strichliste anlegen.

Wenn Sie ca. 30 Kundengespräche geführt haben, lässt sich eine erste Auswertung der Antworten vornehmen. Natürlich können Sie die Kundengespräche danach weiter fortsetzen. So haben Sie Ihr Ohr immer ganz nah am Kunden.

Manche Apotheker scheuen das direkte Kundengespräch, weil sie Angst vor negativen Antworten haben. Diese Angst ist ein Zeichen dafür, dass sie selbst von ihrer Apotheke und ihrem Angebot nicht vollständig überzeugt sind. In diesem Fall ist es natürlich besonders wichtig, mögliche Schwachpunkte durch eine Kundenbefragung aufzudecken.

Wenn der Kunde Kritik äußert, dann nehmen Sie diese zunächst nur zur Kenntnis, ohne sich zu rechtfertigen oder zu verteidigen. Kündigen Sie lediglich eine Prüfung der genannten Kritikpunkte an. Bedanken Sie sich beim Kunden dafür, dass er seine Meinung so offen und ehrlich ausspricht, statt sie aus Höflichkeit oder Rücksichtnahme zu verschweigen. Bedenken Sie: Alle derartigen Antworten sind kostenlose Verbesserungsvorschläge, die manchmal wertvoller sein können als die Hinweise eines externen Unternehmensberaters.

Analyse der Mitbewerber

Viele Kunden vergleichen Ihre Apotheke mit anderen Apotheken im regionalen Umfeld. Analysieren Sie daher auch Ihre wichtigsten Mitbewerber vor Ort. Fragen Sie sich, welche Stärken und Schwächen diese Ihnen gegenüber haben. Die wichtigsten Punkte bei dieser Analyse sind in den meisten Fällen die Beurteilung von Leistungsangebot, Preisgestaltung, optischem Erscheinungsbild, Marketingaktivitäten (Anzeigen, Flyer, Broschüren), Homepage, Öffnungszeiten und besonderen Serviceleistungen.

Auswertung

Vergleichen Sie die von Kunden genannten Stärken und Schwächen mit Ihrer Selbsteinschätzung. Bei Übereinstimmungen sollten Sie die jeweilige Stärke weiter ausbauen, um in diesem für Ihre Kunden wichtigen Punkt noch besser zu werden. Schwächen müssen Sie natürlich so schnell wie möglich beseitigen. Wenn die Kundenmeinung von Ihrer eigenen Sichtweise abweicht, dann sollten Sie Ihre Selbsteinschätzung in dem betreffenden Punkt noch einmal kritisch überdenken. Durch die Antworten Ihrer Kunden auf die Frage nach zusätzlichen Verbesserungsmöglichkeiten erhalten Sie zudem wertvolle Anregungen, wie Sie Ihre Apotheke weiterentwickeln können.

Damit den Erkenntnissen aus dem Stärken-Schwächen-Test auch Taten folgen, sollte am Ende Ihrer Überlegungen ein schriftlicher Aktionsplan stehen, der die Frage beantwortet: „Wer macht was bis wann?“ Ohne eine schriftliche Fixierung der erforderlichen Maßnahmen besteht nämlich die Gefahr, dass Ihre guten Ideen im Alltag schnell wieder in Vergessenheit geraten. Nur mit einem schriftlichen Aktionsplan können Sie Ihre Fortschritte regelmäßig kontrollieren und vermeiden, dass Sie einzelne Maßnahmen vergessen.

Dr. Andreas Nagel, Diplom-Ökonom, Akademie für Apothekenmanagement, 31535 Neustadt am Rübenberge, E-Mail: dr.andreasnagel@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(07):8-8