Querköpfe fördern

Profitieren Sie von genialen Ideen!


Ute Jürgens

Häufig genug werden kreative Geister und ihre Ideen auch in der Apotheke nicht für voll genommen. Der Betrieb verpasst Chancen zu gewinnbringenden Innovationen: Das beginnt bei Kleinigkeiten und endet bei nie gedachten Möglichkeiten. Was können Sie tun?

Apotheker Perf hat seinen Betrieb gut im Griff: Alles ist bis ins Kleinste organisiert und läuft korrekt. Seit Jahrzehnten hat sich nichts geändert, auch die Kunden bleiben immer die gleichen. Sie sind mitgealtert, selten betritt jemand unter 50 Jahren die Apotheke.

Wäre da nur nicht die neue PTA im Praktikum, Frau Wach: Kaum ein Tag vergeht, ohne dass sie Anordnungen hinterfragt, widerspricht oder die anderen Mitarbeiter mit Kritik, Nachfragen und Verbesserungsvorschlägen aus dem Tritt bringt. Das Team reagiert irritiert: Denn warum sollte man etwas ändern – und dann auch noch auf Geheiß von einem jungen Spund wie dieser knapp 20-jährigen PTA-Anwärterin?

So beschwert sich die Approbierte Frau Förder eines Tages beim Chef: „Frau Wach ist zwar gleichzeitig engagiert und aufnahmefähig. Aber diese Art! Sie fügt sich nicht still ins Team ein, sondern ist keck, aufmüpfig und will ständig Erklärungen. Vieles weiß sie besser und hat doch gar keine Ahnung und Erfahrung! Reden Sie bitte mal mit ihr, Sie sind der Chef! So geht es nicht weiter.“

Dann ergänzt Förder aber noch: „Ein paar von den Tipps der Neuen konnten wir übrigens doch gut brauchen. Man wird ja mit der Zeit ganz betriebsblind nach all den Jahren!“

Nicht an alten Zöpfen festhalten

Perf recherchiert daraufhin gründlich zum Themenkomplex Unruhestifter, Revolutionäre, Macher und Innovatoren. Sein grundsätzliches Fazit ist: Wenn wir alles so machen wie schon immer, kommt auch immer das Gleiche dabei raus. Perf realisiert, dass der Untergang vieler Firmen mit Starrheit, dem Festhalten an alten Zöpfen und dem Verschlafen von grundlegenden Entwicklungen eingeläutet wurde.

Gerade auch im Apothekenalltag gibt es immer wieder geänderte Anforderungen, auf die wir reagieren müssen. Meist kommen sie von außen, z.B. durch den Gesetzgeber oder technische Innovationen. Zudem hat fast jeder Arbeitsplatz seine Schwachstellen. Wir können also immer etwas verbessern, reparieren und rationalisieren. Dazu jedoch gilt es zunächst zu erkennen, was überhaupt geändert werden muss – kleine und auch große Dinge.

Zum Beispiel die Arbeitszeiten: Mal sind sie zu flexibel, mal völlig fix – beides ist damit nicht unbedingt so, wie der Arbeitnehmer es möchte. Muss es denn sommers wie winters die gleiche Stundenzahl sein? Wozu gibt es denn das Zeitkonto? Hier haben wir Spielräume, die nach innovativen Ideen rufen.

Oder nehmen wir unser Fallbeispiel: Dort ist Perf aufgefallen, dass junge Kunden lieber solche Apotheken im Umkreis aufsuchen, die – anders als er – stets mit neuen Konzepten arbeiten. Er sieht plötzlich, dass er wenige Chancen hat, seine Apotheke in zirka sieben Jahren zu verkaufen, wenn er in den Ruhestand gehen möchte – es sei denn, ihm gelingt es, die Apotheke auch für jüngere Kunden attraktiver zu machen. Hierfür bedarf es neuer Ideen!

Das größte Hindernis: Angst

Der Autor Jan Pierre Klage hält Angst für das größte Hindernis bei Innovationen und Entscheidungen aller Art [1]. Benötigt werden deswegen Mut, Humor, Entspannung und Offenheit. Die innere Haltung und das Selbstvertrauen entscheiden mit, ob Vorhaben gelingen oder nicht.

Wozu braucht man nun die anstrengenden Querdenker – also die laut Klage „Unangepassten, die Typen mit ausgeprägten Stärken und Schwächen, die provozieren, (…) Visionäre, die den Kopf in den Wolken haben, Macher, die große Unruhe verbreiten“? Diese Menschen haben gleichsam wie von selbst unablässig Assoziationen. Dabei machen sie durchaus auch Fehler und irren sich. Aber wer kann schon gleich alle Stilarten schwimmen, wenn er das erste Mal ins Wasser geht? Klage meint dazu: „Wir scheitern uns voran!“ Unruhestifter sind nicht nur kreativ, sie legen auch den Finger in die Wunde und bemängeln Dinge, die Angepasste akzeptieren – sei es aus Gewohnheit oder aus der Scheu davor anzuecken.

Wie Sie das Querdenken im Team fördern können

Auch wenn Sie keine ausgeprägten Querdenker im Team haben: Regen Sie das Querdenken an! Der Hirnforscher Martin Korte beschreibt, wie jeder einzelne diesbezüglich aktiver werden kann [2]. Er meint: „Der Wunsch, zu lernen und Neues zu entdecken, ist wichtiger für die Kreativität als die eigentlichen intellektuellen Fähigkeiten.“

Wie geht man nun vor, um neue Lösungen zu finden? Zu Beginn eines Prozesses hinterfragt man z.B. Arbeitsabläufe und Materialien: Was soll genau erreicht werden – und mit welchen Mitteln?

Bei der Problemlösung helfen können dann u.a. eine entspannte Stimmung, gute Laune oder auch wohldosierter Druck. Nicht jeder arbeitet gleich gut bei Ruhe. Manch einer braucht Zeitdruck, um überhaupt in Fahrt zu kommen. Routine stört eher, sie behindert die Flexibilität. Eine gewisse Risikofreude darf vorhanden sein – statt der Angst vor Fehlversuchen. Abstand hilft ebenfalls. Korte dazu: „Schaffen Sie eine räumliche, zeitliche und gedankliche Distanz zwischen sich und dem Problem.“

Fordern Sie Ihre Mitarbeiter auch dazu auf, alles aus einer anderen Perspektive betrachten, z.B. aus der des Kunden. Dann sieht einiges vielleicht ganz anders aus, und es ergeben sich vollkommen neue Lösungsansätze.

Auch hilfreich ist es, in „andere Welten“ einzutauchen: Reisen, das Leben in anderen Kulturen oder schlicht ein Besuch in einer Kunstausstellung regen das Gehirn nachweislich dazu an, in anderer Weise zu denken [3]. Natürlich, ein Ausflug in eine andere Kultur ist für Ihr Apothekenteam wohl kaum machbar. Dennoch können Sie diese Erkenntnis – in kleinerem Maße – als Anregung für den nächsten Betriebsausflug nutzen: Lassen Sie das Team entscheiden, welche Galerie Sie z.B. besuchen.

Legen Sie zudem ein Problem-Logbuch aus: Hier tragen die Mitarbeiter sowohl die Dinge ein, die nicht funktionieren, als auch erste Ideen zur Problemlösung. Dabei lässt man jeweils genug Platz, sodass auch die anderen Kollegen weitere Vorschläge ergänzen können.

Regen Sie die Angestellten immer wieder an, ihre Ideen einzubringen. Und reagieren Sie positiv auf Vorschläge. Weisen Sie bei Diskussionen einem Angestellten die Rolle des sogenannten „Advocatus Diaboli“ (Anwalt des Teufels) zu: Er soll alles hinterfragen und die jeweils zweifelhaften Punkte benennen. Selbst wenn er falsch liegt, wirkt dies doch anregend [3].

Übrigens: Zu Beginn des Ideenfindungs-Prozesses sollten Sie jeden allein überlegen lassen. Später findet ein Austausch statt.

Zu guter Letzt

Mit diesen Maßnahmen gelingt es Perf, das ganze Team zu geregeltem Widerspruch und Kreativität anzustacheln. Er profitiert mehr als vorher. Die Gruppe wächst an ihren Aufgaben, ist durch die Mitgestaltung engagierter und gewinnt mehr Selbstbewusstsein. Und am Ende finden sich viele innovative Ideen, um die Zukunft der Apotheke zu sichern.

Ute Jürgens, Kommunikationstrainerin und Einzelcoach, KomMed-Coaching, 28865 Lilienthal, E-Mail: KomMed@freenet.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(07):12-12