Joachim Ullrich
Der Hauptumsatz einer Apotheke wird heute in den meisten Fällen mit den Rx-Arzneimitteln erzielt. In der Regel macht er in einer Durchschnittsapotheke etwa 80% des Gesamtumsatzes aus. Somit wird klar, welche Bedeutung die Großhandelskonditionen für Rx-Arzneimittel haben.
Leider sind diese Konditionen nicht in beliebiger Höhe verhandelbar, denn wie für die Verkaufspreisbildung der Apotheke existieren auch hier gesetzliche Vorgaben: Der Großhandel kann einen Höchstzuschlag von 3,15% auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (ApU) ohne Umsatzsteuer erheben, plus einen Festzuschlag von 0,70 €. Bei Artikeln im Wert von über 1.200 € stehen dem Großhandel ein fixer Höchstzuschlag von 37,80 € sowie wiederum der Festzuschlag von 0,70 € (insgesamt also 38,50 €) zur Verfügung. Diese Werte bilden den Rahmen, innerhalb dessen Sie verhandeln können.
Was Sie bei Hochpreisartikeln beachten sollten
Wenden wir uns zunächst den sogenannten „Hochpreisartikeln“ (ApU über 1.200,00 €) zu. Hier können Sie Fixpauschalen aushandeln, die sich zwischen 10,00 € und 38,50 € bewegen. Bei diesen Artikeln kommt es nicht so sehr auf den verhandelten Rabatt an, sondern auf die Lieferfähigkeit des Großhandels. Viele Großhändler haben nur ein begrenztes Sortiment in ihren Niederlassungen gelagert. Somit wird eine zeitnahe Belieferung des Patienten eher schwierig.
Sicherstellen sollten Sie zudem, dass die Großhändler jeden Artikel rabattieren – egal wie teuer er ist. Es gibt nämlich Vereinbarungen, bei denen ab einem gewissen Einkaufswert (z.B. von über 4.000 € oder über 5.000 €) kein Rabatt mehr gewährt wird. Eine solche Regelung sollten Sie vermeiden.
Was bei den übrigen Rx-Arzneimitteln verhandelbar ist
Betrachten wir nun den „Rest“ der Rx-Arzneimittel. Ziel ist ein Rabatt auf „alles“ – ohne jede Ausnahme. Doch genau hier entsteht ein erhebliches Problem in den Verhandlungen. Die Großhändler segmentieren den Rx-Umsatz nämlich gerne in Einzelteile, die dann eventuell anders oder gar nicht rabattiert werden. Diese Segmente sind z.B.
- Kühlartikel, die sogar mit einer extra „Handlinggebühr“ belegt werden können,
- Betäubungsmittel (BtM),
- Impfstoffe,
- Kontingentartikel, die vom Hersteller nur in geringer Stückzahl an den Großhandel geliefert werden, und
- weitere Spezialsortimente.
In den Verhandlungen ist darauf zu achten, dass alle diese Segmente mit dem Generalrabatt versehen sind. Der Rabatt für Rx-Arzneimittel richtet sich zuerst einmal nach der Umsatzhöhe der Apotheke. Er darf, damit sich die Apotheke gesetzeskonform verhält, die 3,15% auf den ApU des Artikels nicht übersteigen.
Wäre dies der Weisheit letzter Schluss, sähen sich viele Apotheken in Deutschland sehr schnell in ihrer Existenz bedroht: Einen weiteren Teil der Konditionen stellt der Skonto dar, der nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 05.10.2017 (Aktenzeichen: I ZR 172/16) weiterhin gewährt werden darf. Der Skontoist zwar eine Rechnungskondition, die aber im pharmazeutischen Großhandel in der Regel nur auf Rx-Artikel angewendet wird.
Die Höhe des Skontos liegt je nach Zahlungsziel zwischen 0,5% und 3% bei Dekadenzahlung. Bei einer solchen Zahlung werden die Rechnungen vom ersten bis zum zehnten eines Monats schon am 13. desselben Monats beglichen. Abgerechnet wird der Bezug also in drei Dekaden. Eine weitere, abgeschwächte Form ist die Halbmonatszahlung. Hier wird der Bezug der ersten Monatshälfte zwischen dem 18. und dem 20. des Monats abgerechnet.
Generiert die Apotheke beim Großhandel einen entsprechend hohen Umsatz, sind zusätzliche Bonus-Vereinbarungen möglich. Diese Boni werden dann viertel- oder halbjährlich – im Extremfall sogar nur jährlich – ausgeschüttet. Solche Vereinbarungen binden die Apotheke stark: Denn sollte ein Apotheker z.B. innerhalb eines Jahres den Großhandel wechseln, werden die erworbenen Anteile am Bonus nicht ausgeschüttet. Es gilt also durchzusetzen, dass Ihnen der Bonus möglichst auf Monatsbasis berechnet und auch ausgeschüttet wird. Die Höhe solcher Boni kann je nach Konstruktion zwischen 0,25% und 1,5% liegen.
Somit wird klar, dass es nicht „einen“ Rx-Rabatt gibt, sondern dass sich der Rx-Einkaufspreis aus einer Vielzahl von Komponenten zusammensetzt, die alle verhandelt werden müssen.
Was Sie bei den Verhandlungen noch berücksichtigen sollten
Weiterhin steht das Thema „Angebotswesen“ auf der Verhandlungsagenda: Der Großhandel lässt Apotheken über die Softwarehäuser regelmäßig besondere Angebote zukommen, um die Bevorratung mit gewissen Artikeln zu forcieren. Kaufen Sie nun Rx-Artikel im Rahmen dieser Angebote, so werden Ihnen dafür keine Skonti mehr gewährt. Auch fallen diese Artikel dann möglicherweise nicht mehr unter die Bonus-Vereinbarungen.
Hier sollten Sie auch einen weiteren Aspekt nicht außen vor lassen: Manche Angebote gelten erst, wenn eine Mindestmenge von z.B. zwei oder drei Stück abgenommen wird. Wie verhält es sich aber nun, wenn Sie lediglich einen Artikel bestellen? Vermutlich würden Sie davon ausgehen, dass Sie zwar nicht den Aktionsrabatt, wohl aber Ihren individuell verhandelten Rabatt erhalten. Leider nur ist dies nicht immer der Fall: Vielmehr wird auf den Artikel eventuell gar kein Rabatt gewährt. Auf diesen Umstand weisen die Großhändler allerdings zumeist nicht hin. Zudem finden sich hier in der Praxis auch sehr unterschiedliche Verfahrensweisen.
Um den gewährten Vergünstigungen entgegenzuwirken, haben sich die Großhändler ihre eigenen Werkzeuge geschaffen. So etwa stellen sie sogenannte „Leistungsbeiträge“ oder spezielle „Handlinggebühren“ für große Teile der bezogenen Artikel, Tourenkosten für die Belieferung oder auch Kosten für BtM-Belege (fast immer 1 €) in Rechnung. Damit schmälern sie am Ende die Vergünstigungen, die sie der Apotheke an anderer Stelle eingeräumt haben.
Das probateste Mittel dazu ist jedoch der Handelsspannenausgleich. Was darunter zu verstehen ist, haben wir Ihnen kürzlich vorgestellt (vgl. AWA 6/2018). Hier sei deswegen nur noch einmal daran erinnert, dass der Großhandel eine bestimmte Handelsspanne (bzw. entsprechende durchschnittliche Packungswerte) festlegt, welche er bei den Bestellungen einer bestimmten Apotheke erreichen möchte. Dabei gilt: Je teurer ein Rx-Artikel, umso geringer die Spanne (bei allerdings steigenden absoluten Stückerträgen). Ist die Spanne nun geringer als der festgelegte Wert (bzw. der Packungswert zu hoch), belastet der Großhandel die Apotheke mit der Differenz zur festgelegten Spanne. Diese Malusregelung bestraft die Apotheken für das Verordnungsverhalten der Ärzte. Sofern möglich, sollten Sie versuchen, einen Handelsspannenausgleich in den Verhandlungen zu umschiffen. Denn er ist in seiner Wirkweise variabel und somit unkalkulierbar.
Zusammenfassung
Ihren Rx-Umsatz sollten Sie ohne jede Ausnahme verhandeln. Hochpreisartikel sind separat zu betrachten. Die Höhe der Vergünstigungen setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen, die in ihrer Gesamtwirkung zu betrachten sind. Bonus-Vereinbarungen binden Sie an einen bestimmten Großhandel und können im Falle eines Wechsels zu Verlusten führen. Gebühren und ein Handelsspannenausgleich schmälern die Vergünstigungen teils unkontrolliert. Sollten Sie jedoch alle genannten Faktoren gut verhandeln, haben Sie den Großteil Ihres Umsatzes ertragreich abgesichert.
Bei alledem sollten Sie natürlich immer Ihre individuelle Situation im Hinterkopf behalten. Es gilt z.B. zu berücksichtigen, welcher Art von Artikeln in Ihrer Apotheke ein besonderer Stellenwert zukommt und bei welchen Verhandlungspunkten Sie Ihre Vorstellungen somit unbedingt durchsetzen sollten.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(09):6-6