Den richtigen neuen Mitarbeiter finden (Teil 2)

Worauf es im Bewerbungsgespräch ankommt


Tatiana Dikta

Im Bewerbungsgespräch haben Sie die Möglichkeit, die Kandidaten persönlich kennenzulernen. Ausschlaggebend bei der Auswahl sind dabei allerdings nicht nur Sympathie und gute Referenzen. Wichtig ist vor allem, den Bewerber zu finden, der Ihren Anforderungen am besten entspricht.

Strukturierte Bewerbungsgespräche werden in Apotheken noch relativ selten eingesetzt. Fälschlicherweise geht man nämlich davon aus, dass ein Bewerbungsgespräch die einfachste Form der Eignungsbeurteilung darstellt, die sich auch ohne Vorbereitung und nebenbei gut durchführen lässt. Doch ein systematisches Herangehen macht die Entscheidung wesentlich leichter. Das gilt insbesondere dann, wenn mehrere gute Kandidaten zur Auswahl stehen.

Gute Fragen, gute Antworten

Anforderungen, die Sie in einer Stellenanzeige nennen, sind lediglich abstrakte Konstrukte. Sie erwarten „kompetente“, „teamfähige“, „flexible“ und „gewissenhafte“ Mitarbeiter? Doch was verstehen Sie darunter? Und was der Bewerber? Umfasst bei ihm z.B. der Begriff „Flexibilität“ nur die zeitliche Komponente – oder auch die Kompetenz, eingefahrene Wege verlassen zu können? Durch eine gründliche Anforderungsanalyse und in der Folge gut überlegte Fragestellungen lassen sich viele dieser Konstrukte erfassen (Tabelle 1).

Als künftiger Vorgesetzter haben Sie eine Vorstellung davon, was Sie von einem guten Mitarbeiter erwarten. Überlegen Sie sich deshalb zu jeder Frage, die Sie stellen möchten, auch mögliche Antworten, die Sie besten- bzw. schlimmstenfalls erwarten (Tabelle 2). Halten Sie diese Antworten fest. Notieren Sie sich überdies, welche Aussagen Sie sowohl positiv als auch negativ überrascht haben. Nur so können Sie die Kandidaten im Nachhinein systematisch miteinander vergleichen.

Wie erkennen Sie Schwächen?

Bewerber sind auf die Frage „Was sind Ihre Schwächen?“ durch diverse Bewerbungsratgeber gut vorbereitet: Allgemein wird empfohlen, Schwächen zu nennen, die als Stärke zu deuten sind. Die Antworten sind meistens allgemein gehalten und für Sie somit letztendlich wertlose Floskeln. Aussagekräftigere Antworten hingegen erhalten Sie mit Formulierungen wie: „Jeder von uns hat Stärken und Schwächen: Ich merke, dass Sie Ihren Interessenschwerpunkt auf die Homöopathie setzen und dort äußerst erfolgreich zu sein scheinen. In welchen pharmazeutischen Bereichen sind Sie weniger fit?“ Wenn Sie zusätzlich eigene Schwächen zugeben (z.B. „Die Belieferung der Hilfsmittelrezepte finde ich sehr schwierig!“), ist die Wahrscheinlichkeit noch größer, dass der Bewerber Ihre Frage ehrlich beantwortet.

Wenn der Bewerber sich seiner eigenen Schwächen bewusst ist, zeugt dies davon, dass er zu Selbstreflexion und Selbstkritik in der Lage ist. Und diese wichtigen Kompetenzen wiederum bilden den ersten Schritt für eine Weiterentwicklung. Ein Bewerber, der keine Schwächen bei sich erkennt, wird in der beruflichen Entwicklung indes höchstwahrscheinlich stagnieren.

Verschiedene Fragentypen

Antworten auf Fragen wie „Haben Sie einen Parkplatz gefunden?“ oder „Trinken Sie Tee, Kaffee oder Wasser?“ eignen sich im Kontext der Bewerbung nicht zur Beurteilung einer Person. Sie dienen lediglich als „Eisbrecher“ und tragen zu einer angenehmen Atmosphäre bei. Auch Suggestivfragen, deren sozial erwünschte Antwort vorauszusehen ist („Sie kennen sich sicherlich gut in der Rezeptur aus?“), liefern keine gehaltvollen Informationen zum Potenzial des Bewerbers.

Demgegenüber ist es zu empfehlen, auch komplexe, mehrteilige Fragen („Kettenfragen“) zu stellen: Mit ihnen lässt sich erkennen, ob der Kandidat in der Lage ist, zuzuhören und wichtige Informationen ebenso effektiv aufzunehmen wie zu verarbeiten. Sie erhalten zudem einen groben Überblick über seine Analysefähigkeit, die eine wichtige Kernkompetenz für die Arbeit mit komplexen Anforderungen in der Apotheke ist. Da die Interviewfragen z.B. im Internet ausgetauscht werden, erweist es sich als sinnvoll, für jede neue Bewerbungsrunde auch neue Fragen zu konzipieren.

Der Bewerber ist übrigens verpflichtet, Ihnen mitzuteilen, wenn es ihm nicht möglich ist, seine zukünftigen Aufgaben aufgrund eines persönlichen Umstands vollständig zu erfüllen: Eine PTA, die ausschließlich in einem Zytostatika-Labor arbeiten soll, muss Sie z.B. über eine bereits bestehende Schwangerschaft informieren. Unzulässig sind jedoch alle Fragen, die nicht die anforderungsbezogenen Informationen erheben und nur aus reinem „Interesse“ gestellt werden (z.B. zu Schwangerschafts-, Heiratsabsichten, sexueller Orientierung, Partei- oder auch ethnischer Zugehörigkeit). Schneidet der Bewerber von sich aus ein solches Thema an, empfiehlt es sich, dies unkommentiert zu übergehen.

An die „Imagepflege“ denken

Sprechen Sie offen darüber, welche Aufgabenbereiche künftig zu übernehmen sind, und wecken Sie keine falschen Hoffnungen (z.B. über Aufstiegschancen), nur um einen Bewerber für die Apotheke zu gewinnen. Denn wenn das, was Sie ihm versprechen, nicht mit dem übereinstimmt, was ihn später tatsächlich erwartet, ist der Kandidat schnell enttäuscht – mit den entsprechenden negativen Konsequenzen, von einer geringeren Motivation bis hin zu einer schnellen Kündigung.

Unabhängig davon, ob Sie dazu tendieren, den Kandidaten einzustellen oder nicht, sollten Sie ihm wertschätzend und aufmerksam gegenübertreten, auch um etwaige „Kollateralschäden“ zu vermeiden. Der Bewerber könnte nämlich zum Kreis Ihrer potenziellen Kunden oder bedeutsamen Multiplikatoren gehören. Eine unfaire oder unfreundliche Behandlung würde somit unnötig am Image Ihrer Apotheke kratzen.

Tatiana Dikta, B.Sc. Psychologie und PTA, Fachkraft für betriebliches Gesundheitsmanagement und Stressmanagementtrainerin, E-Mail: tatiana.dikta@gmail.com

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(09):12-12