Ökologische Beteiligungsmodelle

Riskante Kapitalanlagen zwischen Grün und Grau


Thomas Hammer

Immer mehr Anleger wollen ihr Geld umwelt- und sozialverträglich investieren. Das ruft auch unseriöse Akteure am Grauen Kapitalmarkt auf den Plan. Wir erklären, worauf Sie achten sollten, damit Sie am Ende statt einer grünen Rendite nicht ein blaues Wunder erleben.

Grüne Investments haben sich zum Megatrend entwickelt: Praktisch alle Banken und Investmentanbieter haben nachhaltige Anlageprodukte im Portfolio, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Nicht nur bei Aktienfonds und ETFs, sondern auch bei Beteiligungsmodellen am Grauen Kapitalmarkt wird immer häufiger mit Klimaschutz und Nachhaltigkeit geworben.

Der Graue Kapitalmarkt bildet ein Segment des Investmentmarktes, das im Gegensatz zum Geschäft mit börsennotierten Wertpapieren, Indexfonds (ETFs) oder klassischen Investmentfonds nur in sehr geringem Ausmaß gesetzlich reguliert ist. Wenn es um Kostentransparenz, Veröffentlichung der Geschäftszahlen oder die schnelle Information der Investoren über wichtige Ereignisse geht, unterliegen die Akteure dort deutlich laxeren Vorschriften als die Anbieter im Börsengeschäft. Entsprechend hoch ist das Risiko, dass private Investoren durch unerfahrene, wenig solide oder gar betrügerische Anbieter hohe Verluste erleiden.

Umso wichtiger ist es, dass Anleger auch ökologische Anlagen am Grauen Kapitalmarkt einer kritischen Prüfung unterziehen, bevor sie ihr Geld investieren. Beachtenswert sind neben der in Aussicht gestellten Rendite die folgenden Gesichtspunkte:

  • Wie ist das Kapitalanlageprodukt aufgebaut?
  • Wie informativ und transparent sind die Angebotsdokumente?
  • Wie sieht das Geschäftsmodell aus?
  • Welche konkreten Erfahrungen und Erfolge kann der Anbieter bereits vorweisen?

Unterschiedliche Modelle

Am Grauen Kapitalmarkt gibt es unterschiedliche Konstruktionen für das Einwerben von Investorengeldern. Zu den gängigsten Anlageprodukten zählen Beteiligungsmodelle in Form geschlossener Fonds, außerbörslich gehandelte Wertpapiere und Crowdinvesting.

Geschlossene Fonds sind Unternehmensbeteiligungen, die das Geld einzelner Anleger zumeist in Form einer Kommanditgesellschaft bündeln. Als vollhaftender Komplementärgesellschafter fungiert in der Regel eine GmbH des Fondsinitiators, und die einzelnen Kommanditisten haften nur in Höhe ihrer Kapitaleinlage. Trotz dieser Haftungsbeschränkung bedeutet dies: Wer sich an einem geschlossenen Fonds beteiligt, stellt dem Anbieter Eigenkapital zur Verfügung – und kommt im Insolvenzfall mit seinen Ansprüchen erst dann an die Reihe, wenn alle Gläubiger in vollem Umfang bedient worden sind. In der Praxis führt die Insolvenz eines Unternehmens für die Eigenkapitalgeber in den meisten Fällen zum Totalverlust.

Bei außerbörslich angebotenen Wertpapieren handelt es sich um Anleihen, Aktien oder Genussscheine, damit sind die Investoren entweder Kredit- oder Eigenkapitalgeber. Genussscheine sind verzinste Kredite, allerdings mit Nachrangabrede. Inhaber können ihre Ansprüche im Insolvenzfall erst nach den Lieferanten, Kreditgebern und anderen Gläubigern anmelden. Weil außerbörsliche Wertpapiere nicht an der Börse notiert sind, findet sich häufig kein Käufer, wenn sich der Inhaber von seinen Papieren wieder trennen will.

Im Zuge der Digitalisierung des Kapitalanlagemarktes ist Crowdinvesting immer populärer geworden. Hierbei sammeln Unternehmen über Online-Plattformen Kleinbeträge von vielen Einzelinvestoren ein, um ihre Projekte zu finanzieren. Meist handelt es sich dabei um Kredite oder Nachrangdarlehen mit jährlicher Zinsausschüttung und fester Laufzeit.

Um die Chancen und Risiken einer Kapitalanlage verlässlich einschätzen zu können, benötigen Anleger vor allem eines: aussagekräftige Zahlen und Fakten. So sollte aus den Unterlagen klar ersichtlich sein, wie sich das Unternehmen bislang entwickelt hat, ob es Gewinne oder Verluste schreibt und wie hoch das Eigenkapital ist. Das Unternehmen sollte den potenziellen Anlegern testierte Bilanzen inklusive Gewinn- und Verlustrechnung zur Verfügung stellen, damit sich diese ein Bild von der finanziellen Stabilität machen können.

Darüber hinaus sollte anhand einer Prognoserechnung dargestellt werden, welchen konkreten Zusatzertrag die neuen Finanzmittel bringen sollen. Wichtig dabei ist, dass sowohl günstige als auch ungünstige Szenarien durchgerechnet werden – schließlich soll die Rückzahlung der Investorengelder auch dann gewährleistet sein, wenn sich nicht alle Erwartungen erfüllen.

Bei geschlossenen Fonds kommt der Kostentransparenz eine besondere Bedeutung zu. Hier erhalten Vertriebspartner und Berater oftmals üppige Vergütungen, die dafür sorgen, dass nur ein Teil des eingeworbenen Geldes tatsächlich gewinnbringend arbeiten kann. Als Faustregel gilt: Die Beratungs-, Verwaltungs- und Vertriebskosten, die man auch als "Weichkosten" bezeichnet, sollten deutlich weniger als 15 Prozent der Kapitalanlage betragen. Generell gilt: Wenn der Anbieter keine aussagekräftigen Zahlen zu seinem Unternehmen liefert, sollten Investoren lieber Abstand nehmen.

Letztlich entscheidet der langfristige Erfolg des Geschäftsmodells darüber, ob die Geldgeber am Ende die erhoffte Rendite erzielen – oder Verluste verbuchen. Projekte wie beispielsweise größere Photovoltaikanlagen, die bereits erprobt sind und zu denen Erfahrungswerte vorliegen, sind einfacher zu bewerten als Marktinnovationen. Letztere bieten zwar im Erfolgsfall oft die höheren Renditen – aber ob dieser auch tatsächlich eintritt, ist kaum vorhersehbar.

Ein weiterer Einflussfaktor auf den Unternehmenserfolg ist die Kompetenz des Managements. Zwar ist auch bei unerfahrenen Quereinsteigern ein Glücksgriff nicht ausgeschlossen. Allerdings spricht es ganz klar für die Solidität eines Angebotes, wenn dahinter erfahrene Unternehmer stehen, die mit ähnlichen Projekten bereits nachweisbare Erfolge erzielen konnten.

Angebote kritisch prüfen

Grundsätzlich sollten Sie grüne Anlageangebote am Grauen Kapitalmarkt mit Vorsicht genießen. Aufgrund der laxen Regulierung tummeln sich hier auch schwarze Schafe, wie eine aktuelle Studie der Denkfabrik Finanzwende zeigt: Rund zwei Milliarden Euro (!) haben Anleger in den vergangenen zehn Jahren mit Öko-Beteiligungsmodellen verloren, unter anderem mit Pleite gegangenen Windpark- und Biogasanlagen-Betreibern. Hinweise zu Unternehmen, die bereits mit unseriösen Kapitalanlagen aufgefallen sind, finden Sie in der "Warnliste Geldanlage" der Stiftung Warentest.

Umso wichtiger ist, dass Sie kritisch prüfen, wie hoch das Risiko für Sie als Anleger ist. Als Hilfsmittel können Sie hierzu ein einfaches Risikoprofil erstellen (siehe Tabelle): Das ist zwar keine Garantie gegen Verluste, liefert aber eine realistische Übersicht zu den wichtigsten Risikofaktoren. Generell sollten Beteiligungsmodelle, Crowdinvesting und Co. nur einen kleinen Teil des Gesamtvermögens ausmachen. Nicht zuletzt sollten Sie Klumpenrisikenvermeiden und Ihre Investitionen über mehrere Anbieter verteilen.

Thomas Hammer, Freier Wirtschaftsjournalist, 75443 Ötisheim, E-Mail: th@hammertext.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2022; 47(01):12-12