Helmut Lehr
Die befristete Senkung der Energiesteuer für Kraftstoffe und das 9-Euro-Ticket sind zwar in aller Munde, dennoch sollten Sie auch die weiteren staatlichen Unterstützungsmaßnahmen auf dem Schirm haben. So wurde u.a. kurzfristig ein Steuerentlastungsgesetz 2022 ins Leben gerufen und bereits verkündet (vgl. Bundesgesetzblatt 2022 Teil I, Seite 749), das ein umfangreiches Paket an Begünstigungen beinhaltet.
Erneute Anhebung des Grundfreibetrags
Der für alle Steuerzahler bedeutsame Grundfreibetrag war erst zu Jahresbeginn auf 9.984 € angehoben worden (vgl. AWA 1/22). Nun erfolgte eine weitere Anhebung auf 10.347 €, und zwar rückwirkend zum 1.1.2022! Die Anhebung ist bereits für das laufende Lohnsteuerabzugsverfahren relevant.
Als Arbeitgeber sind Sie erst dann verpflichtet, den höheren Grundfreibetrag bei der Lohnsteuerberechnung zu berücksichtigen, wenn die Finanzverwaltung die geänderten „Programmablaufpläne“ offiziell bekanntgemacht hat. Für zurückliegende Zeiträume des laufenden Jahres 2022 wird der Zeitpunkt, ab dem der Lohnsteuerabzug geändert werden muss, noch ausdrücklich mitgeteilt.
Hinweis: Obwohl die Erhöhung des Grundfreibetrags zu einigen Folgeänderungen geführt hat, wurde insbesondere der Höchstbetrag für Unterstützungsleistungen (grundsätzlich 9.984 € – vgl. AWA 10/2022) nicht angehoben.
Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags
Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag wurde im Rahmen des Steuerentlastungsgesetzes 2022 von bisher 1.000 € auf 1.200 € erhöht. Auch diese Anhebung ist grundsätzlich bereits im laufenden Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigen.
Die Pauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beträgt eigentlich 0,30 €/Entfernungskilometer. Für die Jahre 2021 bis 2026 wurde sie aber (befristet) ab dem 21. Kilometer auf 0,35 € bzw. (ab 2024) auf 0,38 € angehoben. Mit dem Steuerentlastungsgesetz 2022 wird die für 2024 vorgesehene Erhöhung auf 0,38 € ab dem 21. Kilometer in das laufende Jahr 2022 vorgezogen. Damit soll eine frühere Entlastung für sog. Fernpendler erreicht werden.
Für betroffene Arbeitnehmer besteht nun die Möglichkeit, bereits unterjährig einen (ggf. erhöhten) Freibetrag im Lohnsteuerabzugsverfahren zu beantragen, der die geänderte Entfernungspauschale für 2022 berücksichtigt.
Hinweis: Da der Arbeitnehmer-Pauschbetrag um 200 € erhöht wurde (siehe oben), wirkt sich die Erhöhung der Entfernungspauschale – je nach Sachverhalt – unter Umständen nur insoweit aus, als dass die 200 € überschritten werden.
Neue Energiepreispauschale
In den §§ 112 – 122 des Einkommensteuergesetzes wurde die neue Energiepreispauschale in Höhe von 300 € verankert. Es handelt sich hierbei faktisch um eine „Sozialleistung für Erwerbstätige“, die zwar formal wie eine Steuervergütung behandelt werden soll, mit der materiellen Einkommensbesteuerung aber eigentlich nichts am Hut hat. Die Energiepreispauschale kann nach derzeitiger Gesetzeslage einmalig für das Kalenderjahr 2022 von Personen beansprucht werden, die „aktive Einkünfte“ erzielen. Es muss sich dabei um Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbetrieb, aus selbstständiger oder aus nichtselbstständiger Arbeit handeln. Empfänger von Versorgungsbezügen (insbesondere Beamtenpensionäre) sowie Rentner erhalten keine Energiepreispauschale, sofern sie keine der genannten Einkünfte erzielen.
Hinweis: Begünstigt sind auch kurzfristig oder geringfügig Beschäftigte.
Wie die Auszahlung vonstatten gehen soll
Das Gesetz sieht vor, dass Sie als Arbeitgeber Ihren Mitarbeitern die Energiepreispauschale auszahlen, wenn diese am 1.9.2022 in einem ersten Dienstverhältnis stehen und in eine der Steuerklassen 1 bis 5 eingestuft oder geringfügig beschäftigt sind. Die Auszahlung soll grundsätzlich im September 2022 vorgenommen werden. Zur „Refinanzierung“ der Pauschale können Sie Ihre Lohnsteuerzahllast mindern, die Sie für den Monat August bzw. das dritte Quartal anzumelden hätten.
Hinweis: Beachten Sie bitte, dass die Energiepreispauschale steuerpflichtig ist! Im Lohnsteuerabzugsverfahren für Mitarbeiter müssen Sie diese als „sonstigen Bezug“ berücksichtigen. Steuerpflichtige, die keine Arbeitnehmer sind, haben die Pauschale als „sonstige Einkünfte“ zu versteuern.
Wer die Energiepreispauschale nicht von seinem Arbeitgeber erhält, bekommt sie im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung. Für Gewerbetreibende, und damit auch für Sie als Apotheker, ist vorgesehen, dass die laufenden Einkommensteuervorauszahlungen bereits unterjährig gemindert werden – von Amts wegen. Die Minderung soll zum 10.9.2022 berücksichtigt werden.
Hinweis: In der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für Ihre Mitarbeiter müssen Sie die ausgezahlte Pauschale mit dem Großbuchstaben E kennzeichnen, damit das Finanzamt etwaige Doppelzahlungen (durch den Arbeitgeber und im Rahmen der Einkommensteuervorauszahlungen) erkennen kann.
Zu guter Letzt: Auch für das Jahr 2022 gibt es wieder einen einmaligen Kinderbonus – dieser beträgt 100 €/Kind.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2022; 47(12):16-16