Andreas Kinzel
Das i-Tüpfelchen nach einem positiven Einkaufserlebnis in Ihrer Apotheke kann für den Kunden eine adäquate Zugabe sein.
Nun sind Zugaben juristisch zwar eine heikle Sache (vgl. AWA 13/2019). Unabhängig davon ist vor allem eines entscheidend: dass der Kunde die Zugabe auch tatsächlich als Aufmerksamkeit wahrnimmt. Er muss erkennen, dass sie ihm einen Mehrwert bietet. Somit stellt sich uns am Handverkaufs (HV)-Tisch stets die Frage: "Welche Zugabe passt zu meinen Kunden?"
Gute Argumente für Zugaben gibt es viele (siehe Info "Warum Zugaben?"). Und wenn Sie nach konkreten Zugaben suchen, haben Sie schier unendlich viele Auswahlmöglichkeiten, angefangen beim
- Pröbchen über
- die Kundenzeitschrift bis hin zu
- Sammel- oder Bonuspunkten.
In der Regel überreichen Sie den Kunden die Zugaben am Ende des Verkaufsvorgangs. Sie können sie aber auch offen und für alle zugänglich aufstellen, wie z.B. Traubenzucker auf dem HV-Tisch. Das symbolisiert Offenheit, kann aber auch dazu führen, dass sich manch einer wahllos bedient.
Für jeden das Richtige
Grundsätzlich müssen Sie sich entscheiden, ob Sie einfache Streuartikel verschenken oder individualisierte Zugaben. Fest steht allerdings: An Letztere werden sich die Kunden länger erinnern – und sie auch stärker wertschätzen.
Sofern Sie jedem Kunden standardisiert eine Packung Taschentücher in die Tüte stecken, wirkt das oft lieblos. Und natürlich ist es nicht sonderlich geschickt, wenn Sie versuchen, einer jungen Studentin mit einem Arthrosepräparat-Pröbchen oder einem männlichen Junggesellen mit Schwangerschaftsvitaminen eine Freude zu machen.
Mit individuell ausgewählten Zugaben zeigen Sie hingegen, wie wichtig Ihnen der einzelne Kunde ist – und untermauern damit auch noch einmal die Rolle der Vor-Ort-Apotheke für die persönliche Betreuung.
Um herauszufinden, welche Zugabe für welchen Kunden die richtige ist, gibt es letztlich nur einen Weg: Fragen Sie konkret, ob der Kunde die ins Auge gefasste Zugabe auch wirklich brauchen kann!
Zuvor jedoch sollten Sie im Kopf noch einmal kurz den kompletten Verkaufsprozess durchgehen. Sofern der Kunde beispielsweise eine antibakterielle Mundspüllösung gekauft hat, könnten Sie ihm z.B. ein Zahnpastapröbchen anbieten. Damit zeigen Sie, dass Sie mitgedacht haben und sich wirklich um seine Belange kümmern.
Ein positiver Nebeneffekt von nützlichen Zugaben ist die Nachhaltigkeit. Denn wenn sich die Zugaben tatsächlich verwenden lassen, landen sie nicht im Müll.
Sofern ein Kunde bestimmte Zugaben wertschätzt und weiß, dass er sie bei Ihnen stets aufs Neue erhält, kommt er gerne wieder. Dabei müssen es natürlich nicht immer die Kunden selbst sein, die wegen der Zugaben genau Ihre Apotheke aufsuchen: Denken Sie nur an Kinder, die auf Traubenzucker oder an Hunde, die auf Hundekekse "konditioniert" sind.
Abgesehen von diesen Fällen bietet es sich an, nicht immer die gleichen Zugaben zu überreichen, sondern zu variieren. Ansonsten nutzen sich die Zugaben nämlich schnell ab, und die Kunden sind frustriert, ganz nach dem Motto: "Schon wieder Taschentücher!?"
Übrigens: Ein besonderer Kundentypus sind die wohl auch Ihnen bekannten "Zugabensammler", denen es nicht darauf ankommt, dass das Präsent individuell auf sie abgestimmt ist oder gar einen Bezug zur Apotheke hat. Um solche Kunden zufriedenzustellen, reichen oft schon geringwertige Proben oder "Restposten" aus.
Die besondere Zugabe aus der Apotheke
Apotheker sind in der Regel – freilich stets abhängig von ihrer persönlichen Strategie – Premiumanbieter. Das sollten Sie auch bei den Zugaben beachten.
So wirken z.B. Taschentuchpackungen mit einem ansprechenden Motiv oder Ihrem Apothekenlogo hochwertiger als Packungen mit Produktwerbung. Denn dann kann leicht der Eindruck entstehen, dass sie diese "Goodies" kostenlos vom Hersteller erhalten haben – selbst wenn das gar nicht stimmt.
Gleichermaßen erscheinen einfache Sachets oft minderwertig. Stattdessen bieten sich "vollwertige" Produkte in kleiner oder Reisegröße an, weil sie viel eher als Premiumproben wahrgenommen werden.
Reizvoll als Zugaben sind Innovationen, die Ihre Wettbewerber vielleicht noch nicht kennen. Damit erscheinen Sie up-to-date und bieten den Kunden einen Mehrwert, der Sie als Apotheke einzigartig macht.
Zugaben verpflichten
Ein wichtiger Effekt von Zugaben: Der Kunde bekommt etwas, ohne dafür eine Gegenleistung zu erbringen. Zwar ließe sich jetzt einwenden, dass der Kauf die Gegenleistung ist. Aber: Wer beim Bäcker ein Brot kauft, erhält dafür ja auch kein "Goodie".
Somit steht der Kunde durch die Zugabe psychologisch gesehen in Ihrer "Schuld" und fühlt sich häufig dazu verpflichtet, wiederzukommen – oder sogar gleich noch etwas zu kaufen.
Was sonst noch wichtig ist
Wenn Sie Zugaben auswählen, sollte deren Wert immer im Verhältnis zum Wert dessen stehen, was der Kunde bei Ihnen einkauft! Denn einerseits wird sich ein Kunde, der einen Berg an Premium-Kosmetik erwirbt, vermutlich kaum wertgeschätzt fühlen, wenn Sie ihm lediglich ein Traubenzückerchen mitgeben. Und wer lediglich eine Packung Bonbons kauft, dürfte sich andererseits verwundert fragen, warum Sie ihm Taschentücher, eine Zeitschrift und zusätzlich noch eine Maske mit in die Tüte packen – zumal das natürlich ein Verlustgeschäft für Sie wäre.
Vorsicht ist bei Pröbchen angesagt: Überlegen Sie sich gut, welche Sie abgeben. Wenn Sie nämlich die dazugehörigen Produkte üblicherweise nicht auf Lager haben und der Kunde sie nachkaufen möchte, stehen Sie vor einem Problem.
Achten Sie außerdem darauf, dass der Kunde mit dem Pröbchen auch wirklich etwas anfangen kann. Andernfalls entsteht häufig der Verdacht, dass Sie ihm etwas "aufschwatzen" wollen. Und dann ist er schnell verloren. Das gilt übrigens auch, wenn Sie versuchen, Kunden mit Pröbchen auf teurere Alternativen zu bislang gerne genutzten Produkten umzulenken.
Last but not least: Eine Zugabe ist nur dann sinnvoll, wenn sich Ihr Team ebenfalls damit identifizieren kann – was auch die Kunden spüren. Überlegen Sie deswegen gemeinsam mit Ihren Angestellten, welche Zugaben sich eignen – und sei es auch nur als "Atemfrisch" für zwischendurch. Denn manchmal sind die Angestellten mit ihrer Empfehlung die besten Kunden.
Info: Warum Zugaben?
- Kundenbindung: Kunden kommen (nicht nur) wegen der Zugaben wieder. Im Idealfall gibt es diese Zugabe nur hier, wie z. B. eine individualisierte Punktesammelkarte.
- Preisrelativierung/versteckte Rabatte: Durch Proben und Sondergrößen wird der Preis optisch gesenkt. Oft wirkt dieser Effekt psychologisch mehr als ein finanzieller Direktrabatt.
- Verkaufsförderung: Manchmal wollen Kunden nicht zugreifen. Dann sind Aktionen wie "Kaufe drei, bezahl zwei!" im Rahmen des rechtlich Zulässigen ein Anreiz, den Kauf abzuschließen.
- Switching: Durch Zugaben und einer persönlichen Empfehlung können Kunden auf ein anderes Produkt gelenkt werden.
- Uptrading: Besonders durch Proben können Kunden in Richtung mehr Qualität und damit höheren Preisen geführt werden.
- Besondere Anlässe: Mit einem kleinen Geburtstagsgeschenk oder der Gratulation zur Geburt eines Kindes können Sie Stammkunden Ihre Wertschätzung zeigen.
Zum Weiterlesen
- Schwab, I.: Werbung zum Anfassen – so funktioniert das Verkaufen über Produktproben
- Schwab, I.: Gezielter flirten, in: Werben & Verkaufen (W&V) Magazin 02/2020, S. 86–89
- Website des Gesamtverbands der WerbeartikelWirtschaft
Andreas Kinzel, Apotheker und Diplom-Kaufmann (FH), 80637 München, E-Mail: a-kin@web.de
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2022; 47(16):8-8