Philip Christmann
Alle Details rund um Krankschreibungen und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) sind gesetzlich präzise geregelt. (© AdobeStock/Gina Sanders)
Ab wann brauchen Arbeitnehmer eine AU?
Unmittelbar nach Auftreten der Erkrankung muss der Arbeitnehmer dem Apothekenleiter mitteilen (z. B. per Telefon, notfalls auch per Textnachricht), dass er krank ist (Krankmeldung). Ab dem vierten Krankheitstag muss er eine vom Arzt erstellte AU vorlegen. Der Apotheker darf aber im Arbeitsvertrag ab dem ersten Tag einen Nachweis einfordern, dem muss der Arbeitnehmer dann auch nachkommen.
Wie läuft eine Krankschreibung ab?
- Anruf des Arbeitnehmers beim Apotheker: „Ich melde mich heute krank“ (Gründe muss er nicht angeben).
- Nach drei Tagen Erkrankung: Arbeitnehmer sucht Arzt auf.
- Arzt schreibt Arbeitnehmer z. B. für fünf Tage krank.
- Arbeitnehmer ruft Apothekenleiter an und teilt mit: „Bin vom Arzt für fünf Tage krankgeschrieben worden.“
- Apotheker ruft über sein Entgeltabrechnungsprogramm die eAU bei der Krankenkasse ab.
- Wird der Arbeitnehmer in ein Krankenhaus aufgenommen, ist der Ablauf ähnlich: Dieses meldet die Aufnahme an die Krankenkasse, wo der Apotheker die Daten wiederum abrufen kann.
Wie funktioniert die neue Online- Krankschreibung?
Seit 01. Juli 2022 stellen die Krankenkassen die Daten über die Arbeitsunfähigkeit elektronisch (eAU-Verfahren) für den Abruf durch die Arbeitgeber zur Verfügung. Damit entfällt für Arbeitnehmer die Übermittlung der Krankschreibung: Apothekenleiter müssen seit dem 01. Januar 2023 die AU-Daten elektronisch bei den Krankenkassen abrufen. Dass Arbeitnehmer den Apotheker unverzüglich über eine Krankheit informieren müssen, bleibt davon unberührt.
Dürfen meine Mitarbeiter trotz Krankschreibung arbeiten?
Grundsätzlich darf man trotz Krankmeldung arbeiten. Eine AU stellt nämlich kein Arbeitsverbot dar. Denn ein Arzt kann bei der Ausstellung der AU nur schätzen, wie lange ein Mitarbeiter krank und somit arbeitsunfähig ist. Somit darf ein Mitarbeiter auch früher wieder arbeiten, wenn er sich besser fühlt.
Zu einer ärztlichen „Gesundschreibung“ ist der Arbeitnehmer ebenso wenig verpflichtet wie dazu, bei vorzeitiger Genesung sogleich wieder arbeiten zu gehen. Er kann sich von seinem Arzt aber wieder gesundschreiben lassen, muss aber die Kosten dafür aus eigener Tasche zahlen. Soweit die Apotheke einen Betriebsarzt hat, kann sich der Arbeitnehmer von diesem (kostenfrei) gesundschreiben lassen.
Sind die Mitarbeiter versichert, wenn sie trotz Krankschreibung arbeiten?
Ja. Denn, wie gesagt, beinhaltet die AU kein Arbeitsverbot. Und erst recht berührt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung den Versicherungsschutz des Arbeitnehmers nicht.
Welche Möglichkeiten habe ich als Arbeitgeber, wenn ich eine Krankschreibung anzweifle?
Zwar muss der Arbeitnehmer dem Apothekerleiter grundsätzlich nicht mitteilen, welche Krankheit er hat. Wenn der Apotheker aber Zweifel hat, ob der Arbeitnehmer tatsächlich krank war und er diese Zweifel auch begründen kann (zum Beispiel durch eine Auflistung der Krankmeldungen zum oder nach Wochenenden), kann er den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) hinzuziehen, um den Arbeitnehmer zu untersuchen. Erfahrungsgemäß zeigt der MDK aber wenig Verfolgungseifer, immerhin hat das Anschreiben des MDK an den Mitarbeiter aber eine gewisse abschreckende Wirkung.
Der Apotheker kann auch den Betriebsarzt ins Spiel bringen. Der überprüft – allerdings nur im Einverständnis mit dem Arbeitnehmer – dessen Gesundheitszustand und erklärt, ob dieser tatsächlich krank ist oder nicht. Immer zu empfehlen ist im Falle häufiger Krankmeldungen zum Wochenende, dass der Apothekenleiter das ehrliche Gespräch mit dem Mitarbeiter sucht und ihm ankündigt, dass ihm eine Kündigung droht, sollte sich dieses Verhalten fortsetzen.
Philip Christmann, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht, 14057 Berlin, www.christmann-law.de
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2023; 48(17):11-11