Großhandels- und Direkteinkaufsrabatte

Die wichtigsten Stellschrauben erkennen


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Einkaufsrabatte sind nach wie vor die Lebensader der Apotheken, vorneweg das Großhandelsgeschäft. Umso mehr kommt es darauf an, die vielen Hebel und Ansatzpunkte zu kennen – und vor allem quantitativ einzuordnen. Die nächste Verhandlungsrunde sollte dann leichter fallen.

Mit uns können Sie rechnen: Diesmal zeigen wir Ihnen, wie viel Sie beim Einkauf – im Großhandel sowie direkt – an Rabatten rausholen können. (© AdobeStock/Addictive Stock Core)  

Das Einkaufsvolumen deutscher Apotheken peilt 50 Mrd. € zu Apotheken-Einkaufspreisen (AEP, netto) an. Das Direktgeschäft macht davon rund 18 % nach Analysen des Datendienstleisters Insight Health aus. Abweichend beträgt der Anteil in den Non-Rx-Segmenten gut 30 %, im Rx-Bereich nur um 15 %. Das sind schon beachtliche Volumina, die immer mehr von einem Großhandels-Oligopol bestimmt werden. In Anbetracht zahlreicher Übernahmen und Zusammenschlüsse schrumpft die Auswahl, erst recht in Regionen abseits der Metropolen. Umso mehr gilt es, sich möglichst gut zu arrangieren. Eine typisch-durchschnittliche Apotheke kauft heute für gut und gerne 2 Mio. € beim Großhandel und gegen eine halbe Million Euro direkt ein. Da lässt sich leicht ermessen, was bereits ein Prozentpunkt an Einkaufsrabatt ausmacht: Gut 20.000 € bei den Großhandlungen und an die 5.000 € im Direktgeschäft. Bei umsatzstärkeren Betrieben oder gar Filialverbünden steht gern ein Mehrfaches an. Gerade umsatzstarke, aber margenschwache Betriebe mit Gewinnrenditen teils nicht mal bei 3 % balancieren auf dem Hochseil „von Großhandels Gnaden“.

Viele Teilsegmente

Es imponiert immer wieder, wie feingliedrig sich der Apothekenumsatz aufteilen lässt – und ein Ende dieser Zersplitterung ist nicht abzusehen, im Gegenteil: Das Aufmachen immer neuer Segmente mit abweichender oder gar ganz entfallender Rabattierung und Skontierung ist für den Großhandel ein Stück weit Geschäftsmodell.

Unser Beispiel (Tabelle 1) einer gut durchschnittlichen Apotheke ist daher sogar vereinfacht, zeigt aber die wesentlichen Bereiche. Gerade der OTC-Einkauf wird durch spezielle Angebotsprogramme, Sonderkonditionen bei Mitgliedschaft in einer Kooperation u. a. m. überlagert. Etliche Programme kosten ihrerseits Mitgliedsgebühren, die gegenzurechnen sind. Wir vereinfachen das hier auf eine „OTC-Flatrate“. Diverse „Kick-Backs“, Rückvergütungen, Boni u. a., teils erst am Jahresende, machen ein präzises Rabatt-Controlling nicht einfacher, gerade bei Kooperationen.

Tab. 1: Rabatt-Musterbetrachtung einer gut durchschnittlichen Apotheke

Jahresbasis

Einkauf,
AEP Liste

Stückzahl

Nachlass /
ggf. Malus

Nachlass
absolut p.a.

Großhandel (hier nur einer unterstellt):

Rx Normalsegment

1.400.000 €

42.000

2,95 %

41.300 €

./. nicht rabattierbarer Teil*

29.400 €

(---)

0 %

870

./. Kontingent-/Ausschluss-Artikel

100.000 €

2.500

0 %

2.950

./. Spannenausgleich HSp**

1.400.000 €

42.000

– 1,25 %

17.500

Rx Hochpreiser

600.000 €

200

30 € je Pckg..

6.000 €

Skonto auf … i. H. von … % ca.

630.000 €

(---)

2,50 %

15.750 €

Non-Rx***

250.000 €

40.000

19,00 %

47.500 €

Summe GH ohne Überweiser:

2.250.000

82.200

3,97 %

89.230

Direkteinkäufe / Überweiser:

Rx normal

100.000 €

3.000

5,50 %

5.500 €

Rx Hochpreiser

200.000 €

50

1,50 %

3.000 €

Non-Rx Überweiser

75.000 €

12.000

33,33 %

25.000 €

Non-Rx direkt

75.000 €

12.000

23,00 %

17.250 €

Summe Direkt-EK:

450.000

27.050

11,28 %

50.750

Gesamtsummen p. a.:

2.700.000

109.250

5,18 %

139.980

Minderung beim GH durch weitere Gebühren, Pauschalen usw., oft mittel- bis höher vierstellig

Wir schauen zuerst auf die absoluten Rabattbeträge. Fast 140.000 € Gesamtrabatt (vor sonstigen Gebühren) machen den Großteil des Gewinns einer solchen Apotheke aus.

Im Detail stechen, neben den nominalen Rabatten auf das „normale“ Rx-Segment (ohne Hochpreiser), die Nachlässe auf das Non-Rx-Geschäft ins Auge. Obwohl mit nur 15 % Anteil am Gesamt-Einkaufsvolumen, werden in diesem Modellfall fast zwei Drittel aller Einkaufsrabatte erzielt. Hier gilt es also sorgfältig hinzuschauen. Sehr attraktiv ist nach wie vor das „Überweiser-Geschäft“, da hier Industrie- und Großhandelsrabatte zu einem kräftigen Gesamtnachlass zusammenwirken. Üblich ist, dass sich der Großhandelsrabatt „nur“ auf den rabattierten Apotheken-Einkaufspreis bezieht, und nicht auf den Listenpreis.

Beim Direkteinkauf sind ebenfalls einige Prozentpunkte zusätzlich zum normalen Großhandelsbezug möglich, denen der Zusatzaufwand entgegensteht: Packungs- und Rechnungshandling sowie Kapital- und Lagerplatzbindung. Die Kapitalbindung können Sie durch Valutabedingungen minimieren – erst bezahlen, wenn die Ware weitestgehend verkauft ist!

Rx-Rabatte im Fokus

Wir schwenken den Blick zu den Rx-Einkäufen. Die Nachlässe teilen sich in Rabatt – maximal 3,05 % vom AEP ausgehend – sowie zusätzliche Skonti auf, die gerichtsanhängig und insoweit strittig, womöglich künftig komplett wegfallend sind. Dies gilt für alle Nicht-Hochpreiser; die Hochpreiser werden abweichend rabattiert und regelhaft beim Großhandel nicht skontiert (beim Direktbezug hingegen schon öfters).

Der Rx-Rabatt wird nur abzüglich des Rx-Fixaufschlages des Großhandels gewährt; dieser Anteil ist also herauszurechnen. Weiterhin gibt es nicht rabattierte Artikel, die sind ebenfalls abzuziehen. Das dicke Ende, bei dieser Apotheke, ist der „Spannenausgleich“. Der Großhandel gibt eine „Wunschspanne“ vor (bisher gern 6,34 %, künftig um 6,48 %), und gleicht dies mit der durchschnittlich erzielten Spanne ab. Hier sind es stolze 1,25 % „Malus“ (künftig 1,30 %), da der Normal-Rx-Packungswert zu AEP bei hohen 33,33 € liegt. Der Spannenausgleich wirkt bereits ab 20,65 € zu AEP negativ.

Im Zuge seines auf 0,73 € erhöhten Festaufschlags ab 01.09.2023 passt der Großhandel zur Ertragssicherung die Sollspanne um 0,14 %-Punkte auf zumeist 6,48 % an. Ihre Rx-Spanne beim GH können Sie (Formel s. o.) selbst ausrechnen, indem Sie für den AEP Ihren durchschnittlichen Normal-Rx-Packungswert ohne Hochpreiser beim jeweiligen Großhandel einsetzen. Bilden Sie die Differenz zur Sollspanne, und Sie haben Ihren Malus. Bei einem AEP von 25,00 € (56.000 Packungen im Modell) betrüge die Spanne 5,77 % (künftig 5,88 %), die Differenz zur Sollspanne 0,56 % (0,60 %), was gut 9.000 € weniger Malus gegenüber der Modellannahme ausmachen würde. Der Spannenausgleich ist selbst für starke Apotheken kaum mehr verhandelbar.

Erheblich weniger bedeutend sind die Großhandelsnachlässe bei den Hochpreisern, ein nettes Zubrot. Anders beim Direktbezug: Ein Skonto von 1 % bis 2,5 % kann absolut schon schöne Beträge ausmachen.

Apropos Skonto: Der Großhandel mindert den skontierbaren Umsatz kräftig. Der Non-Rx-Bezug ist mit den gewährten Rabatten regelhaft gleich mit skontiert. Hochpreiser fallen ebenfalls heraus, und gern sonstige Ausschluss-Artikel (z. B. Kontingent). Wie Tabelle 1 lehrt, bleibt da gar nicht mehr so viel zum Skontieren, dennoch ist dieser Posten immer noch relevant.

Und dann bleibt da noch das Spiel mit den Rabattstaffeln, z. B. nach Umsatz oder Stückzahl (Rx), sowie Zielvereinbarungen. Da die höheren Prozente typischerweise nur auf den die jeweilige Staffel überschreitenden Betrag gewährt werden, reduziert sich der durchschnittliche Rabatt teils kräftig. Hier ist insbesondere auf die niedrig rabattierten Sockel achtzugeben, schöne Schaufensterrabatte ab einem (hohen) Umsatz machen das nicht wett.

Als würde das nicht reichen, müssen Sie noch schauen, wie Sie Ihre Umsätze auf mehrere Großhändler (meist zwei ausreichend) verteilen. Bei hohen Umsätzen fahren Sie mit etwa hälftiger Aufteilung nicht schlecht, dann bekommen Sie bei beiden ordentliche Nachlässe. Ansonsten haben Sie einen Zweitlieferanten, den Sie gezielt mit solchen Produkten für den nötigen Mindestumsatz füttern, die beim Hauptlieferanten auch nur wenig Rabatt abwerfen.

Fazit

Die Komplexität des Großhandelseinkaufs lässt sich auf zwei Seiten nur in Umrissen darstellen. Die wichtigsten Konturen sollten aber deutlich geworden sein. Konzentrieren Sie sich auf die relevanten Segmente, und geben Sie in Randbereichen (und bei manch unterm Strich geringfügiger Gebühr) eher nach.

 

Prof. Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2023; 48(17):4-4