… immer wieder Photovoltaik

Für wen die Einkommensteuerbefreiung gilt


Helmut Lehr

Mit Wirkung seit dem 01.01.2022 sieht das Einkommensteuergesetz auch ganz formal eine Steuer-befreiung für „kleinere“ Photovoltaikanlagen vor. Die Finanzverwaltung hat sich jetzt erstmals detaillierter dazu geäußert. Lesen Sie hier, wer davon profitiert.

Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 wurde mit § 3 Nr. 72 Einkommensteuergesetz eine gesonderte Steuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen geschaffen (vgl. AWA 1/2023, S. 11 f.). Zuvor hatte die Finanzverwaltung bereits verfügt, dass Besitzer kleinerer Photovoltaikanlagen insoweit freiwillig auf die Einkommensbesteuerung verzichten können (vgl. AWA 20/2021, S. 16 f. und 23/2021, S. 16 f.).

Vor gut zwei Monaten hat das Bundesfinanzministerium die neue Steuerbefreiungsvorschrift in einem ausführlichen Anwendungsschreiben näher erläutert (laut Schreiben vom 17.07.2023, AZ: IV C 6 – S 2121/23/10001 :001).

Hinweis: Welche Anlagen dem Grunde nach begünstigt, sprich steuerbefreit sind, ist in Tabelle 1 dargestellt. Dabei kommt es auf die Art des Gebäudes und die Größe der jeweiligen Photovoltaikanlage an. Insgesamt dürfen die Anlagen pro Steuerpflichtigen höchstens eine Leistung von 100 kW (peak) haben.

 

* Die Angabe (s.u.) gilt je Steuerpflichtigen und ist gebäudebezogen; es gilt die Bruttoleistung nach dem Marktstammdatenregister in kW (peak)

Tab. 1: Für welche PV-Anlagen die Steuerbefreiung gilt

Art des Gebäudes

Max. Leistung der Anlage in kW (peak)*

Einfamilienhaus

30,00

Zwei-/Mehrfamilienhaus für Wohnzwecke

15,00 je Wohneinheit

Gemischt genutzte Immobilie

15,00 je Wohn- und Gewerbeeinheit

Gewerbeimmobilie mit einer Einheit

30,00

Garagengrundstück

30,00

Gewerbeimmobilie mit mehreren Einheiten

15,00 je Gewerbeeinheit

Konkrete Anwendungsbeispiele

Der abstrakte Gesetzeswortlaut ist – wie so oft – in Teilen wieder einmal auslegungsbedürftig. Daher hat die Finanzverwaltung einzelne Beispiele veröffentlicht, die das Ganze veranschaulichen sollen.

Fall 1: Herr Müller hat auf drei Einfamilienhäusern jeweils eine Anlage mit einer Leistung von 25,00 kW (peak). Sämtliche Anlagen sind begünstigt, da hier eine gebäudebezogene Betrachtung stattfindet.

Fall 2: Frau Göhrlich hat auf einer gemischt genutzten Immobilie (Laden und zwei Wohnungen) eine Anlage mit einer Leistung von 40,00 kW (peak) und daneben auf einer Gewerbeimmobilie eine 20,00 kW (peak)-Anlage. Auch hier sind beide Anlagen begünstigt, insbesondere, weil für die gemischt genutzte Immobilie eine Höchstgrenze von 45,00 kW (peak) gilt, da sich darin drei Einheiten befinden.

Fall 3: Frau Hansen hat auf ihrem Zweifamilienhaus eine Anlage mit einer Leistung von 25,00 kW (peak) und auf einer Gewerbeimmobilie mit drei Gewerbeeinheiten eine Anlage mit einer Leistung von 45,00 kW (peak). Auch in diesem Fall sind beide Anlagen begünstigt.

Fall 4: Sowohl Herr als auch Frau Hellmann betreiben auf ihrem zu Wohnzwecken genutzten Einfamilienhaus jeweils eine Anlage mit einer Leistung von 16,00 kW (peak). Da die Eheleute hier getrennt betrachtet werden, liegen beide unter der Grenze von 30,00 kW (peak) für Einfamilienhäuser, sodass beide Anlagen begünstigt sind.

Abwandlung zu Fall 4: Die Eheleute Hellmann betreiben gemeinschaftlich (als Mitunternehmerschaft) eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 32 kW (peak). Da die Anlage die für Einfamilienhäuser zulässige Größe von 30,00 kW (peak) übersteigt, gilt die Steuerbefreiung nicht.

Fall 5: Frau Engels hat auf ihrem Haus mit zwei Wohneinheiten jeweils eine Anlage mit einer Leistung von 15,10 kW (peak). Beide Anlagen sind nicht begünstigt, da deren maßgebliche Leistung insgesamt 30,20 kW (peak) beträgt und den zulässigen Wert von 30,00 kW (peak) überschreitet – wenn auch nur geringfügig.

Das Bundesfinanzministerium hat nochmals klargestellt, dass dem Grunde nach solche Anlagen begünstigt sind, die sich auf, an oder in dem jeweiligen Gebäude befinden – einschließlich Nebengebäuden wie Gartenhäusern, Garagen oder Carports. Die Steuerbefreiung gilt unabhängig davon, ob es sich um eine klassische Auf-Dach-Anlage handelt, eine dachintegrierte („Solarziegel“) oder eine Fassadenanlage. Freiflächenanlagen sind hingegen – unabhängig von ihrer Größe – generell nicht steuerbefreit.

Hinweis: Entgegen einer landläufigen Meinung ist es nicht erforderlich, dass der Betreiber der Anlage, der die Steuerbefreiung geltend machen möchte, auch der Eigentümer des Gebäudes ist, auf dem sich die Anlage befindet.

Die Finanzverwaltung hat ergänzend darauf hingewiesen, dass die Steuerbefreiung nicht nur für etwaige Einspeisevergütungen gilt, sondern ebenfalls für:

  • Entgelte für anderweitige Stromlieferungen – z. B. an Mieter,
  • Vergütungen für das Aufladen von Elektro- oder Hybridelektrofahrzeugen,
  • Zuschüsse sowie
  • bei der Einnahmenüberschussrechnung vereinnahmte und erstattete Umsatzsteuer.

Hinweis: Einkommensteuerfrei ist auch ein etwaiger Gewinn (oder Verlust) aus der Veräußerung oder Entnahme der Anlage, sofern zuvor mit der Anlage nur steuerbefreite Einnahmen erzielt wurden und die Anlage nicht zu einem anderweitigen Betriebsvermögen (z. B. der Apotheke) gehört. Für den Fall, dass Ihre Photovoltaikanlage zum betrieblichen Bereich der Apotheke zählt, weil sie insbesondere diese mit Strom versorgt, sind weitergehende Regelungen/Besonderheiten zu beachten, die mit dem steuerlichen Berater erörtert werden sollten. Die Steuerbefreiung greift dann nicht mehr uneingeschränkt, andererseits ist aber auch ein (ggf. anteiliger) Betriebsausgabenabzug möglich.

 

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2023; 48(19):16-16