Vorsicht, Satire ...

Karl der Große


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Karl, der Große – der große Apotheken-Liebling, der ob des anhaltenden Protests alsbald sein Füllhorn öffnen wird...?!? (© AdobeStock/bluedesign)

Mittwoch, der 27.09.2023, Drehort Düsseldorf – war da nicht etwas Einschneidendes? Wir drehen hier einfach mal den Film zurück und nehmen die Szenerie neu auf. Gleiche Darsteller, nur diesmal anders eingenordet. Ob da schon erste Testchargen angesichts der geplanten Legalisierung des Cannabis-Anbaus auf der heimischen Fensterbank im Spiel waren? Oder haben gar ein paar der listigen „Thekers“ in vorab stattgefundenen, vertraulichen Runden mit etwas Probatem aus dem Generalalphabet nachgeholfen?

Vorab entschuldigt sich unser Gesundheitsminister, dass er nicht persönlich kommen konnte, aber Umarmungen und Liebkosungen sind nicht so sein Ding, zudem – der politische Betrieb in Berlin. Gerade hat er bei den Ärzten eine Milliardensumme liegen lassen, die Pflegekräfte in Krankenhaus und Pflegeeinrichtungen warten auch bereits auf ein sattes Plus, und so schiebe er die Apotheker noch rasch zwischenrein.

Angesichts der tollen Vorbereitung und der wunderbar plausiblen Zahlen, ja sogar sehr moderaten Forderungen werde man sich schnell einig werden. Sehr angetan sei er von dem neuen Dynamisierungs-Index der ABDA, ein Mix aus Wirtschaftsentwicklung, Lohndynamik und Inflationsrate. Er würde ja noch einen Klatschhasen- und Artigkeits-Index im Quadrat dazu nehmen, als Belohnung dafür, dass die Apotheker ja fast alles mit sich machen lassen und, bislang zumindest, trotzdem stets artig applaudiert haben. Auch versteht er voll und ganz die Nöte. Da hat man sich eben von Corona mit Maskenverteilung für knapp vier bis sechs Euro das Stück erholt, die vom vielen Teststäbchen-Schieben verkrampften Hände haben sich gerade wieder etwas entspannt, da platzen die Steuerbescheide mit saftigen Nachzahlungen herein. Und ja, vier Euro die Maske und zehn Ocken aufwärts für einmal Nasestochern – er würde das ja gern fortsetzen, aber dieses blöde Corona-Virus mutiert doch nicht so, wie er sich das dachte. So kommen die „Thekers“ wieder auf dem harten Boden des klassischen Apothekenalltags an, gewürzt mit kräftiger Inflation und viel Theater selbst um Allerwelts-Medikamente.

Ja, da müssen wir was tun. Da man auch nicht weiß, wie lange man noch im Amt ist, und dann vielleicht tatsächlich ein harter Sanierer in die Ministerriege einzieht, lege ich noch eine Schippe drauf. Man beabsichtige, den Mindestlohn auf 12,41 € je Stunde anzuheben. So viel sollte das Hinüberschieben eines Schächtelchens auf Rezept samt etwas Begleitunterhaltung zu allerlei möglichen Problemen und Problemchen innert weniger Minuten ebenjenen Mindestlöhnern (und allen anderen Zwangsversicherten) doch wirklich ebenfalls wert sein.

Wobei das mit der Finanzierung gar nicht so schlimm sei. Man habe sich einmal angeschaut, wie viele Firmen und Besserverdiener ganz erpicht auf bilanzielle Verluste und Abschreibungsmöglichkeiten sind, wie der Teufel auf die armen Seelen. Es scheint, als machte man so aus Verlusten richtige Gewinne. Da sei es ihm wie Schuppen von den Augen gefallen: Wir drehen das einfach um! Mehr Honorar bedeutet doch, bei dieser Abgabenquote, schlicht viel mehr Einnahmen für den Staat. Und wenn die Krankenkassen jammern, dann schießen wir einfach mehr aus der Steuerkasse zu, die ja qua höherer Einkommen immer mehr gefüllt wird. Auf eine Bestätigung dieses sensationellen Modells, ja nachgerade eines wirtschaftlichen Perpetuum mobile, warte er noch aus Harvard von den dortigen Ökonomen; bislang war er ja studien- und expertenmäßig eher in punkto Epidemiologie und Corona unterwegs, man möge ihm dies nachsehen. Und sollte das nicht reichen, dann bilden wir einfach ein Sondervermögen „Generation Kukident“ und gegenfinanzieren das mit den Erbschaften ebenjener. Oder auch nicht. Oder was auch immer.

Und die sonstigen Punkte auf der langen ABDA-Wunschliste? „Wir sind mit Ihnen, versprochen!“

Ungläubiges Staunen im Saal. Ist heute Weihnachten und Ostern auf einen Tag? Meint er das ernst? Bekommt er das durch die Gremien? 175.000 € mehr je Betrieb – drohen da nicht wieder Neugründungen und Konkurrenz, mehr Versand, OTC-Preiskämpfe? Freut sich nicht vor allem das Finanzamt? Dann zögerlicher Applaus ...

Ein märchenhafter Tag geht zu Ende. Aber das Märchen ist noch lange nicht auserzählt. Karl, der Große. Der große Apotheken-Liebling. Oder doch nicht? Die Klappe fällt.

 

„Wenn wir alle Dinge tun würden, zu denen wir fähig sind, würden wir uns selbst in Erstaunen versetzen.“ (Thomas Edison, Erfinder)

„Habe keine Angst, das Gute aufzugeben, um das Großartige zu erreichen.“ (John D. Rockefeller, Geschäftsmann und Philanthrop)

 

Prof. Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

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