Netzwerken als Investition mit hohem Return on Invest

Was zeichnet gute Netzwerker aus?


Florian Giermann

Erst unlängst hat die Expopharm einmal mehr gezeigt, wie wichtig „Networking“ ist. Das gilt für Apotheken untereinander ebenso wie für PTA, Dienstleister etc. Durch die Vernetzung entstehen neue Ideen, die sich nicht selten zu neuen Geschäftsmodellen weiterentwickeln. Dabei ist Netzwerken ist keine Raketenwissenschaft: Die Prinzipien der strategischen Vernetzung sind einfach und lassen sich schnell erlernen.

Ein stabiles Netzwerk kann berlebenswichtig sein - gerade in Krisenzeiten: das gilt fürs Gesch#äfts- ebenso wie das Privatleben. (© AdoneStock/ mpix-foto)

Ein stabiles berufliches Netzwerk ist heute relevanter als jemals zuvor. Zwar sind Apotheken als Freiberufler schon seit jeher in Kammern und Verbänden organisiert. Auch in örtlichen Gewerbe- und Sportvereinen sowie weiteren lokalen Organisationen sind Apothekeninhaber meist gut eingebunden. Jedoch sind diese Netzwerke in der Regel begrenzt auf eines oder wenige Themen. Zudem sind diese Organisationen hierarchisch strukturiert, sodass ein freier Austausch und eine Kommunikation auf Augenhöhe oft nicht möglich oder gar nicht gewollt sind.

Der englische Begriff „networking“ enthält die beiden Kernelemente des Netzwerkens: das „net,“ also die Vernetzung einerseits, und das „working,“ also das Arbeiten mit dem Netzwerk. Die Vernetzung ist dabei – ähnlich wie ein Spinnennetz – multidimensional in alle Richtungen zu verstehen. Wie das Netz der Spinne an vielen Punkten befestigt ist, so sollte es das Netzwerk von Apotheken auch sein. Nur dann ist es stabil und trotzt auch widrigen Gesamtwetterlagen. Nicht nur mit anderen Apotheken gilt es daher, eine auf freundschaftlicher Basis beruhende Geschäftsbeziehung zu pflegen, sondern auch mit Beratern, Dienstleistern, Kunden, Lieferanten und selbst mit Vertretern der Politik. Gewiss, ein solches Netzwerk aufzubauen und zu pflegen ist mit Arbeit verbunden – aber ein funktionierendes Netzwerk zahlt den Aufwand um ein Vielfaches zurück.

Die Einstellung guter Netzwerker

Die wenigsten werden zum Netzwerker geboren. Aber jeder, der den Umgang mit anderen Menschen nicht komplett verabscheut, kann sich zu einer „Spinne im eigenen Netz“ entwickeln. Das meiste davon ist Einstellungssache, es gibt darüber hinaus nur wenige Verhaltensregeln. Die sind freilich nicht in Stein gemeißelt, sondern eher als Empfehlungen aus dem Erfahrungsschatz des Autors zu verstehen.

Was die Einstellung betrifft, so zeichnet gute Netzwerker aus, dass sie grundsätzlich von einer hohen Wertschätzung gegenüber anderen Menschen geprägt sind. Egal, ob bei erfolgreichen Verkäufern oder gut vernetzten Geschäftsleuten, sie alle haben die „vier M’s des Netzwerkens“ verinnerlicht:

  • Man
  • Muss
  • Menschen
  • Mögen

Das soll keineswegs bedeuten, dass man ausnahmslos alle Menschen – unabhängig von ihrer Gesinnung oder ihren Handlungen – toll finden muss. Aber die Grundeinstellung gegenüber anderen ist bei erfolgreichen Netzwerkern stets positiv. Statt sich auf die schlechten Eigenschaften zu konzentrieren, die bei jedem Menschen in unterschiedlichen Ausprägungen vorhanden sind, lenken sie ihren Fokus gezielt auf die guten Eigenschaften. Auch letztere sind bei allen Menschen vorhanden, selbst wenn man sie gelegentlich etwas länger suchen muss.

Dieser stringente Fokus auf das Positive ermöglicht es guten Netzwerkern, schnell einen Zugang zu anderen Menschen zu finden. Sie schaffen es, in kurzer Zeit eine gemeinsame Basis zu etablieren, auf der das Netzwerk dann gedeihen kann. Dabei wirken sie nicht nur authentisch, sondern sie sind es auch. Denn die positive Grundeinstellung ist Teil ihrer Persönlichkeit.

Prinzipien für ein erfolgreiches Netzwerken

Neben der Wertschätzung und dem klaren Fokus auf die positiven Eigenschaften ihrer Mitmenschen zeichnen sich erfolgreiche Netzwerker meist noch durch weitere Verhaltensweisen aus. Diese haben sich in der Networking-Praxis als hilfreiche Leitplanken bewährt.

1. Ins Netzwerk investieren

So wie sich ein Gärtner auch erst um seine Pflanzen kümmert, bevor er deren Früchte ernten kann, investiert auch ein Netzwerker zuerst ins Netzwerk, ehe er dieses für sich in Anspruch nimmt. Damit hört die Analogie zum Gärtnern nicht auf. Im Garten gibt es Pflanzen, die mehr Ertrag versprechen, dafür aber auch mehr Zuwendung brauchen. Analog dazu verhalten sich gute Netzwerker.

Es gibt aber auch Pflanzen, die für den Garten als Ganzes keinen Nutzen bringen, sondern nur die Ressourcen der anderen Pflanzen verbrauchen. Solche Gewächse würde ein Gärtner jäten, ein guter Netzwerker würde auf solche Menschen keine bis minimal wenig Zeit ver(sch)wenden.

2. Niemals mit leeren Händen kommen

So wie man zu jeder Party zumindest eine Flasche Wein mitbringt, sollte man auch beim Netzwerken stets wissen, was man den anderen Partnern im Netzwerk zu bieten hat. Jeder Mensch hat irgendeine Fähigkeit, ein Talent oder ein Wissen, das dem Netzwerk zuträglich ist. Auch Geld kann so etwas sein, Investoren werden häufig gerne gesehen. Und meistens bringen sie – neben ihren finanziellen Möglichkeiten – auch ihr eigenes Netzwerk mit. Die Erweiterung bestehender Netzwerke durch solche der Partner ist ein sehr nutzenstiftender Effekt, da sich die Netzwerke so gegenseitig ergänzen.

3. Sensibilität

Gute Netzwerker haben ein sicheres Gespür für zwischenmenschliche Schwingungen. Sie erkennen die informellen Hierarchien in sozialen Geflechten schnell. Das hilft vor allem dann, wenn es darauf ankommt, wer innerhalb einer Gruppe Entscheidungen trifft. Nicht immer sind die Entscheider ausschließlich diejenigen, die es laut Status oder Hierarchie sein müssten. Meist gibt es Mitentscheider und Beeinflusser. Es lohnt sich, diese „informellen Leader“ ebenfalls frühzeitig einzubinden. Gewinnt man sie, so können sie für bestimmte Themen innerhalb des Netzwerkes Werbung machen. Gestik, Mimik, Körpersprache – auf all das achten erfolgreiche Netzwerker, wenn sie von anderen Menschen umgeben sind.

4. Reden ist Silber, Zuhören ist Gold

Erfolgreiche Netzwerker stellen nicht in erster Linie sich selbst in den Mittelpunkt. Stattdessen lassen sie vor allem ihre jeweiligen Gegenüber zu Wort kommen. Sie haken gelegentlich nach, um so möglichst schnell verstehen zu können, wie sie selbst dem jeweiligen Netzwerk oder Gesprächspartner helfen können. So investieren sie ins Netzwerk und wissen stets, was sie idealerweise zur Party mitbringen sollten.

Ein stabiles Netzwerk aufzubauen und zu pflegen, ist zwar mit Arbeit verbunden – aber ein funktionierendes Netzwerk zahlt den Aufwand um ein Vielfaches zurück. Das gilt insbesondere in Krisenzeiten: Wohl dem, der in solchen Zeiten echte Freunde hat, die mehr zu bieten haben als billiges Mitleid …

Was die Sensibilität betrifft, so lässt sich diese in der Apothekenpraxis hervorragend trainieren. So findet im täglichen Kundengespräch stets nonverbale Kommunikation statt. Das Gegenüber zu „lesen“, den Beratungsbedarf zu verstehen und darauf stillschweigend einzugehen, erfordert viel Fingerspitzengefühl. Ist diese Vertrauensbasis aber erst einmal etabliert, so wird sie in der Regel zum stärksten Kundenbindungsinstrument. Genau dieses Prinzip lässt sich eins zu eins auch aufs Netzwerken übertragen.

Gute Freunde kann niemand trennen

Wie tragfähig ein Netzwerk ist, zeigt sich meist erst in Krisenzeiten. Wenn die approbierte Urlaubsvertretung ausfällt und Kollegen aus dem Netzwerk einspringen, damit weder die Apotheke geschlossen noch der Urlaub verschoben werden muss, dann hält das Netzwerk. Wenn die Kunden einem nicht nur Lob, sondern auch konstruktive Kritik zu Verbesserungen zukommen lassen, dann ist das ein enorm wertvolles Feedback. Und wenn sich der Bundestagsabgeordnete aus dem eigenen Wahlkreis in der Apotheke über zu erwartende Gesetzesfolgen informiert, dann kann ein solches Gespräch sogar existenziell wichtig sein.

Ein Netzwerk sollte stets in alle verfügbaren Dimensionen gedacht werden. Es muss aufgebaut und gepflegt werden. Denn nichts ist schlimmer, als in einer Notsituation nach Unterstützung suchen zu müssen. Es heißt zwar, dass es Mitleid geschenkt gibt: Wer aber kein stabiles Netzwerk hat, bekommt außer Mitleid meist auch nicht viel …

Hat man sich hingegen ein funktionierendes Netzwerk aufgebaut, dann hat man das wichtigste Ziel des Networkings auch schon erreicht: Freunde zu haben, bevor man sie braucht.

 

Florian Giermann, Berater, Speaker und Autor, Jurist, 67256 Weisenheim am Sand, E-Mail: info@floriangiermann.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2023; 48(22):6-6