Dr. Hubert Ortner
Die spannende Frage bleibt, wer am Ende die Rechnung bezahlt?
(Quelle: AdobeStock_chadchai)
Stehen Aufwand und Ertrag für einen selbstständigen Apothekeninhaber Mitte 2024 (noch) in einem gesunden Verhältnis zueinander?
Holger Seyfarth: Aktuell nicht mehr, insbesondere wenn es um eine Neugründung geht. Da fangen Sie bei null an und brauchen erst einmal einen hohen Kredit: Gehen wir mal von einem Finanzierungsbedarf von 1 Mio. € inklusive Warenlager und einem Mietvertrag, der über zehn Jahre läuft, aus. Dann können Sie auf dieser Grundlage eine Rechnung aufstellen, wie viel (oder besser wenig) am Ende hängenbleibt.
Und dann stellen Sie alternativ dazu eine sogenannte „Geldverwendungsrechnung“ auf: Da dürfte die Rentabilität bei einem Investment z. B. in einen typischen ETF mit einer Rendite von 6 % unterm Strich deutlich höher ausfallen. Außerdem stellt sich die Frage, wie viel Unternehmer ich heute als Apothekeninhaber überhaupt noch bin – nach meinem Verständnis ist sehr wenig vom Unternehmer und Kaufmann geblieben.
Insofern rechnet sich eine Apothekenneugründung unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht.
Nach einer monatelangen Hängepartie hat Karl Lauterbach am 12. Juni endlich seinen Referentenentwurf lanciert, wie gewohnt „über Bande“ (FAZ). Was wiegt für Sie am schwersten, Herr Seyfarth: Das erwartete Ausbleiben einer Honorarerhöhung, die Einführung der „Pseudoapotheken“ ohne Apotheker oder die Aussicht, das Rx-Fixum ab 2027 in Eigenregie mit den Krankenkassen aushandeln zu „dürfen“?
Holger Seyfarth: Die Verweigerung einer Honorarerhöhung ist natürlich sehr schmerzlich, aber wir werden das genauso überleben wie die Einführung der Pseudoapotheken. Am schwersten wiegt aus meiner Sicht deshalb, dass wir das Honorar ab 2027 in Eigenregie mit dem Spitzenverband der Krankenkassen verhandeln sollen. Denn hier ist leider überhaupt nicht sicher, dass die Entwicklung nach oben geht – genauso gut könnte sie auch einen Schritt nach unten gehen.
Bei der ABDA hat man über viele Jahre verinnerlicht: Egal, wie gut oder schlecht verhandelt wird – am Ende wird die Rechnung sowieso von den Mitgliedern bezahlt! Eine Erfolgsrechenschaft auf Basis selbst gesetzter Zielvorgaben gibt es nicht.
Am meisten Kritik einstecken musste der Bundesgesundheitsminister für sein Konzept der „Apotheken light“ (weniger euphemistisch „Pseudo- oder Schein-Apotheken“). Wird dieses den Markt tatsächlich so gravierend verändern, wie behauptet, und wie könnten diese negativen Auswirkungen konkret aussehen?
Holger Seyfarth: Hier spielen viele Faktoren eine Rolle. Zum einen haben wir bei den PTAs einen ausgeprägten Fachkräftemangel, auch wenn dieser Beruf laut BMG besser skalierbar sein soll, was immer das auch heißen mag. Keine gravierenden Änderungen sehe ich bei den Filialapotheken und auch bei den Zweigapotheken sehe ich, wenn man es sich richtig durchrechnet, keine große Gefahr. Wer unterschreibt schon einen Zehn-Jahres-Mietvertrag mit einer kompletten Apothekenneuausstattung – wenn auch in abgespeckter Form – plus Warenlager, nur um dann mit reduzierten Öffnungszeiten eine Zweigapotheke zu betreiben und das dann auch noch in einer strukturschwachen Region …?
Holger Seyfarth
Die ABDA hat sich als ernsthafter Verhandlungspartner mit ihrer utopischen Honorarforderung von 12 € schon lange ins Abseits geschossen. Ist das jetzt die Quittung aus dem BMG für die anhaltende Realitätsverweigerung im Berliner Apothekenhaus?
Holger Seyfarth: So kann man es wohl sehen. Ich habe vor einem Jahr im ABDA-Führungskreis gefragt, ob man selbst an die geforderten 12 € Rx-Fixum glaube: Selbstverständlich! Als ich vor Kurzem nachfragte, ob man jetzt – knapp ein Jahr später – immer noch daran glaubt, bekam ich zur Antwort: „Ja, wir bleiben hart.“ Wenn Karl Lauterbach eine substanzielle Honorarerhöhung aber stets kategorisch ausgeschlossen hat, dann ist das Agieren der ABDA nicht hart, sondern einfach nur realitätsfremd. Das erinnert mich an das geflügelte Wort: „Unterschätze nie den Faktor Inkompetenz in der Politik.“
Man könnte es auch etwas philosophischer formulieren: Es lohnt sich unbedingt, die theoretische Lebensplanung ab und zu mit der praktischen Lebensbewältigung abzugleichen …
Auch wenn es hart klingen mag: Man kann nicht auch noch den letzten Betrieb mitschleppen, das geht nirgendwo. Für mich ist es ein Fakt, dass sich die 10 % der Apotheken, die wirtschaftlich am schlechtesten dastehen, über kurz oder lang vom Markt verabschieden werden.
Dieser „Reality Check“ scheint nun gerade nicht zu den Kernkompetenzen im Berliner Apothekenhaus zu zählen.
Holger Seyfarth: Frau Overwiening und der geschäftsführende ABDA-Vorstand müssten sich endlich ehrlich machen und eingestehen, dass sie es einfach nicht können. Denn wenn sie es könnten, stellt sich ja sofort die Frage: Warum machen sie es dann nicht (besser)?
Wenn ich damit nicht durchkomme, meine Forderungen immer nur zu wiederholen, dann muss ich eben andere Geschütze auffahren und Herrn Lauterbach unmissverständlich klar machen: Wenn wir Apotheken morgen den Schlüssel umdrehen, dann haben Sie ein echtes Problem! Wir haben schon einmal – in der Pandemie – die Kohlen für Sie aus dem Feuer geholt, und wenn Sie sich jetzt nicht kooperativ zeigen, dann ist Funkstille.
Außerdem hat man bei der ABDA über viele Jahre verinnerlicht: Egal, wie gut oder schlecht verhandelt wird – am Ende wird die Rechnung sowieso von den Mitgliedern bezahlt! Eine Erfolgsrechenschaft auf Basis selbst gesetzter Zielvorgaben, wie in der Wirtschaft sonst üblich, gibt es nicht.
Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund die offensiven Vorstöße der Freien Apothekerschaft in diese Lücke: Besteht eine Chance, an dem gesetzlich festgeschriebenen Alleinvertretungsanspruch der ABDA bzw. des DAV tatsächlich zu rütteln und einen zusätzlichen Gesprächskanal in Richtung BMG aufzubauen?
Holger Seyfarth: Es kann der Branche nur guttun, wenn sich weitere Gesprächskanäle in Richtung Politik auftun. Fakt ist aber auch, dass die ABDA an ihrem Alleinvertretungsanspruch für die Apotheken eisern festhält, und das von Seiten der Politik auch immer wieder untermauert wird.
Von dem britischen Historiker Lord Acton stammt das geflügelte Wort „Macht korrumpiert, absolute Macht korrumpiert absolut.“ Genau das erleben wir, wenn die ABDA ständig zur Geschlossenheit aufruft und damit im Grunde ausdrückt, dass es nur die eine (= ihre) Wahrheit gibt, der tunlichst alle folgen sollten.
Und wieso regt sich dann nicht mehr Widerstand gegen das für alle so offensichtliche Versagen der ABDA? Klartext statt Wattebällchen auf dem nächsten Apothekertag – was spricht dagegen? Etwa die Angst, beweisen zu müssen, es selbst besser zu können?
Holger Seyfarth: Dieses Totschlagargument lasse ich nicht gelten: Es ist nicht die Aufgabe der Kritiker, es selbst besser zu machen. Das ist die Aufgabe der Führung, die wir leider nicht haben. Um es frei nach Winston Churchill zu sagen: Pharmacy needs leadership! Und genau diese traue ich der ABDA-Führungsriege nicht zu.
Leider fügt sich die Mehrzahl der Apotheker in ihr Schicksal und nimmt es einfach hin, dass die Standesvertretung so wenig erreicht. Insofern wird es auch keine Revolte geben, weil eine solche nicht mehrheitsfähig ist. Das ist bitter, aber leider wahr.
Apotheker sind leidensfähig und werden es auch bleiben. Wahrscheinlich ist der Leidensdruck immer noch nicht groß genug …
Wenn Automaten dabei helfen, die Medikamentenabgabe effizienter zu gestalten, dann kann uns das nur recht sein – alleine schon wegen des akuten Fachkräftemangels. Und der politische Druck, diese einzusetzen, wird steigen.
Ein immer wiederkehrender Kritikpunkt seitens der Politik war und ist, dass die Standesvertretung 99 % der Vorschläge aus dem BMG reflexartig ablehnt, und eigene Konzepte, wie eine bezahlbare Arzneimittelversorgung in fünf oder zehn Jahren aussehen könnte, aber schuldig bleibt.
Holger Seyfarth: Tatsächlich hat die ABDA – mal abgesehen von ihrer Forderung nach 3,3 Mrd. € mehr Honorar – kein eigenes Konzept für eine Apothekenreform vorgelegt. Zudem hat man nahezu alle Vorschläge des Bundesgesundheitsministers rundweg abgelehnt. Das ist eine reine Blockadehaltung und führt uns nur ins Abseits.
Deshalb wäre meine Empfehlung, sich mal in eine Schulung für professionelle Verhandlungsführung einzuschreiben. Da lernt man gleich am Anfang, wie es mit Sicherheit nicht funktioniert – z. B. indem man die Vorschläge der anderen Partei nur verteufelt und stur an seinen eigenen Positionen festhält.
Im Gegensatz dazu haben Sie angeregt, Lauterbachs Reformpläne nicht pauschal in Bausch und Bogen zu verdammen, sondern (auch) als Chance zu begreifen und die Zukunft der Präsenzapotheken neu zu denken. Bitte beschreiben Sie für unsere Leser Ihre Apotheken-Agenda.
Holger Seyfarth: Wir brauchen mehr Gesundheitsprophylaxe, das ist Konsens. Genau an diesem Punkt hätten wir Lauterbach entgegenkommen können, schließlich will er die Apotheken stärker in die Prävention und Früherkennung u. a. von Herz-Kreislauf-Erkrankungen einbinden.
Und wir sollten mehr über unseren Tellerrand hinausschauen: Mit dem Einzug von KI und neuen Technologien in den Gesundheitsmarkt kann ich mir z. B. gut vorstellen, dass in ein paar Jahren jeder seinen „persönlichen (Gesundheits-)Avatar“ bekommt, der ihn/sie in der persönlichen Lebensgestaltung unterstützt, und dazu gehören auch ein gesunder Lebensstil und Krankheitsprophylaxe.
Das ist nur ein Beispiel eines zukunftsträchtigen Geschäftsfelds, das wir erschließen könnten. Tun wir das nicht, bekommen wir am Ende auch nichts vom Kuchen ab.
Wo sehen Sie weitere Märkte mit Zukunftspotenzial für Apotheken, die es heute zu besetzen gilt, damit wir nicht morgen einmal mehr den verpassten Chancen von gestern hinterherweinen?
Holger Seyfarth: Apotheken auf reine Arzneimittel-Abgabestellen zu reduzieren, wie das von Seiten der Politik gerne getan wird, ist viel zu kurz gesprungen. Wir haben als Apotheker doch so viel Know-how, dieses wird aber viel zu wenig eingesetzt: Wenn wir das Wissen unserer Pharmazie-Absolventen besser nutzen würden, sehe ich insbesondere in dem stark wachsenden Life-Science-Markt enormes Potenzial für unsere Branche.
Frau Overwiening und der geschäftsführende ABDA-Vorstand müssten sich endlich ehrlich machen und eingestehen, dass sie es einfach nicht können. Denn wenn sie es könnten, stellt sich ja sofort die Frage: Warum machen sie es dann nicht (besser)?
Apropos Arzneimittel-Abgabestellen: Wie stehen Sie dazu, die Arzneimittelabgabe stärker zu automatisieren? Das händische Ausreichen von Arzneimittelpackungen gehört ja nicht unbedingt zu den pharmazeutischen Premiumaufgaben?
Holger Seyfarth: Ich sehe das pragmatisch. Wir sind Pharmazeuten und haben weder Logistik noch Supply Chain Management studiert. Wenn ein Dienstleister diese Aufgaben effizienter und/oder preisgünstiger übernehmen kann, dann nur zu. Und wenn Automaten dabei helfen, die Medikamentenabgabe effizienter zu gestalten, dann kann uns das nur recht sein – alleine schon wegen des akuten Fachkräftemangels.
Ich bin überzeugt: Der politische Druck, solche Lösungen in der Apothekenpraxis einzusetzen, wird schon allein deshalb steigen, weil sich dadurch erhebliche Kosten einsparen lassen.
Ihr Vorschlag setzt jedoch einen grundlegenden Systemwechsel in der Apothekenhonorierung voraus – weg von der packungsbezogenen hin zu einer stärker Dienstleistungs-orientierten Vergütung. Ich wüsste da jemanden, der das mit Sicherheit ganz furchtbar findet …
Holger Seyfarth: Die Vergütung der Apotheken zu einem großen Teil an die Abgabe von Arzneimittelpackungen zu koppeln, ist ohnehin fragwürdig: Schließlich sehen wir uns als Heilberufler und das sollte sich konsequenterweise auch im Honorar widerspiegeln, indem sich dieses stärker an unserer Beratung und pharmazeutischen Dienstleistungen orientiert.
Ich persönlich fände es gut, wenn wir uns am Vergütungssystem der niedergelassenen Ärzte orientieren würden: Die bekommen pro Patient und Quartal eine Beratungspauschale. Das wäre auch für unsere Branche so oder in ähnlicher Form ein zukunftsfähiges Modell.
Sollten sich auch in dieser Frage die Verfechter einer rückwärtsgewandten Verteidigung durchsetzen, droht neues Ungemach: Das BMG könnte dann an den Apotheken vorbei andere Kanäle nutzen, um insbesondere in dünn besiedelten Regionen entsprechende Abgabeautomaten aufstellen zu lassen. DM-Chef Christoph Werner hatte ja erst kürzlich laut vernehmbar mit den Hufen gescharrt.
Holger Seyfarth: Die Gefahr besteht in der Tat, und es wäre ja nicht das erste Mal, dass uns unsere Blockadehaltung auf die Füße fällt. Nehmen wir das Beispiel von Genuss-Cannabis. Vorneweg: Ich bin persönlich gegen die Legalisierung, muss aber akzeptieren, dass es dafür eine politische Mehrheit gibt. Jetzt zur wirtschaftlichen Seite: Wir reden hier von einem nach Umsatz etwa 8 Mrd. € schweren Markt mit einem Rohertrag, der durchaus bei 50 % liegen kann. Hätte die ABDA sich von Anfang an dafür stark gemacht, dass Apotheken zum wichtigsten Absatzkanal für Cannabis werden, dann hätte das der Branche 3 bis 4 Mrd. € an zusätzlichem Rohertrag einbringen können. Damit wäre die wirtschaftliche Stabilität über Jahre gesichert gewesen.
Man hätte es wenigstens denjenigen Apotheken ermöglichen können, die das auch wirklich wollten.
Themenwechsel. Der deutsche Apothekenmarkt hat sich spätestens seit 2004 sehr heterogen entwickelt: Einer wachsenden Zahl an gefährdeten Betrieben steht auf der anderen Seite eine ebenso wachsende Zahl an Apotheken gegenüber, die wirtschaftlich gut dastehen. Wäre es nicht höchste Zeit, sich ehrlich zu machen und das Mantra von den kollektiv notleidenden Apotheken endlich zu Grabe zu tragen?
Holger Seyfarth: In den 1990er-Jahren gab es noch die „Durchschnittsapotheke“. Seitdem haben wir eine starke Spezialisierung gesehen, und wir bekommen längst nicht mehr alle Betriebe unter einen Hut. Auch wenn es hart klingen mag: Man kann nicht auch noch den letzten Betrieb mitschleppen, das geht nirgendwo. Mit den geforderten 3,3 Mrd. € mehr Honorar hätte man auch solche Betriebe noch für eine gewisse Zeit am Leben halten können. Aber das ist sehr teuer und macht die Versorgung auch nicht besser.
Für mich ist es ein Fakt, dass sich die 10 % der Apotheken, die wirtschaftlich am schlechtesten dastehen, über kurz oder lang vom Markt verabschieden werden. Das müssen aber nicht die Kleinsten sein: Das betrifft genauso auch größere Betriebe mit überhöhten Personalkosten, unrentablen Geschäftszweigen und/oder einer schlechten Lage.
Teilen Sie die Befürchtung, wonach wir infolge der zuletzt deutlich sinkenden Apothekenzahlen schnellen Schrittes auf eine Unterversorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zusteuern?
Holger Seyfarth: Das Lied vom Apothekensterben wird schon seit vielen Jahren gesungen. Eine Unterversorgung ist aber auf absehbare Zeit nicht zu erkennen. Je nach Detailausgestaltung der Versorgungsstruktur könnte man auch mit deutlich weniger als 17.000 Apotheken auskommen.
Diesen Betrieben würde ich dann aber einiges mehr abverlangen, damit sie ihrer Aufgabe auch angemessen gerecht werden.Bei all diesen Horrorszenarien sollte man eines nicht übersehen: Wir sind auch nicht der Nabel der Welt.
Beim E-Rezept können die Vor-Ort-Apotheken angesichts ihrer beinahe monopolistischen Position im Rx-Segment wenig gewinnen, aber viel verlieren. Wie schätzen Sie die künftige Entwicklung ein: Wird es den niederländischen Versendern gelingen, über das Cardlink- oder andere Verfahren substanziell Marktanteile über die bisherigen 1 % hinaus zu gewinnen?
Holger Seyfarth: So umständlich, wie das alles gerade läuft, sehe ich nicht die Gefahr, dass sich die Marktanteile der ausländischen Versender in naher Zukunft von 1 % auf 2 %, dann auf 4 % oder gar 8 % verdoppeln könnten. Mittel- und langfristig sollten sich die Vor-Ort-Apotheken aber schon darauf einstellen, dass es auch im Rx-Segment eine gewisse Verschiebung geben wird. Ich sehe den Versandhandel in fünf Jahren aber höchstens bei einem Marktanteil von 5 % bis 6 % .
Zumindest einen kleinen Lichtblick brachte der Referentenentwurf, soll doch das Skonti-Verbot wieder einkassiert werden. Wie bewerten Sie das – als wichtige Finanzspritze oder als Fortschreibung eines Systemfehlers, wie es ja auch der BGH gerügt hatte?
Holger Seyfarth: Das ist in der Tat ambivalent. Auf der einen Seite war es dringend notwendig, den finanziellen Schaden infolge des Skonti-Urteils so schnell wie möglich zu korrigieren. Auf der anderen Seite kann es freilich nicht sein, dass die Apotheken weiter am Tropf des Großhandels hängen. Das gibt es übrigens in keiner anderen Branche, dass sich die Lieferanten als „Freunde“ aufspielen und ihren Kunden die Preise diktieren.
Die Verweigerung einer Honorarerhöhung werden wir genauso überleben wie die Einführung der Pseudo-Apotheken. Am schwersten wiegt aus meiner Sicht, dass wir das Honorar ab 2027 in Eigenregie mit dem Spitzenverband der Krankenkassen verhandeln sollen.
Kommen wir zum Schluss. Kritiker werfen Ihnen ambivalentes Verhalten vor, wenn Sie als Mitglied des ABDA-Führungskreises diese öffentlich scharf kritisieren, anstatt intern um eine Mehrheit für Ihre Positionen zu ringen. Machen Sie es sich da zu einfach, Herr Seyfarth?
Holger Seyfarth: Ich entscheide im Hessischen Apothekerverband ja nichts alleine. Wir werden den hessischen Weg auf jeden Fall weiter gehen und wie bisher konstruktive Kritik in der ABDA einbringen. Wenn wir da allerdings kein Gehör finden, dann werden wir unseren Weg auch in Zukunft alleine gehen. Offene Kritik und ein Ringen um den besten Weg im Sinne unserer Mitglieder sind dabei feste Bestandteile.
Das Interview führte Dr. Hubert Ortner
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Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2024; 49(13):6-6