Dr. Hubert Ortner
Liebe Leserinnen und Leser,
Vertrag kommt von Vertragen, sagt der Volksmund. Im Umkehrschluss zeugt eine Dauerfehde zweier Parteien von besonders schlechten Verträgen. Beispiel Retax: Bei keinem anderen Thema bekommen sich der Deutsche Apotheker Verband (DAV) und der GKV-Spitzenverband schneller in die Wolle als bei diesem. Dabei ist die Faktenlage eindeutig: Als die entsprechenden Verträge geschlossen wurden, hatten die Verhandler des DAV zugestimmt, dass die Kassen bei kleinsten Formfehlern (wie z. B. einer fehlenden Dosierangabe) auf null retaxieren dürfen. Und genau davon machen diese Gebrauch. Nicht weil sie so böse sind, sondern weil die Verträge es ihnen ermöglichen und sie nach SGB V § 12 dem Wirtschaftlichkeitsgebot unterliegen. Natürlich ist es aus Apothekersicht ärgerlich, wenn dadurch tausende (z. T. zigtausende) Euro verlorengehen, obwohl die Patienten ordnungsgemäß beliefert wurden. Aber der Ärger richtet sich gegen die Falschen: Nicht die Gier der Krankenkassen lässt die Apotheker bluten, sondern der Dilettantismus ihrer eigenen Verhandler. Pacta sunt servanda.
Vor diesem Hintergrund klingt der Passus in dem vorerst auf Eis gelegten Apothekenreformgesetz, wonach die Apothekenvergütung für 2027 direkt zwischen DAV und GKV ausgehandelt werden soll, wie eine echte Drohung. Wenn Karl Lauterbach auf dem DAT erklärte: „Damit kommen Sie endlich aus diesem starren System heraus“, dann war das durchaus ernst gemeint. Denn woher sollte der Minister auch wissen, dass die nebenberuflichen Vertreter des DAV den mit allen Wassern gewaschenen Profiverhandlern der Krankenkassen derart hoffnungslos unterlegen sind? Das kommt davon, wenn man im Berliner Apothekerhaus nach allen Erfahrungen immer noch glaubt, alles selbst hinzubekommen. Bei aller Liebe zum Ehrenamt: Wo über zweistellige Milliardenbeträge verhandelt wird, haben Ehrenamtliche nichts mehr verloren. Da braucht es erfahrene Profis als Verhandler und Vertreter. Sonst geht man gnadenlos unter.
Es grüßt Sie herzlichst
Ihr
Dr. Hubert Ortner
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