Fragwürdige Coaching-Methoden

Von roten Bewerbern und menschlichen Pferden


Katja Löffler

Coaching wird gerne als Allheilmittel für die verschiedenen Probleme im Berufsalltag (und zwischenzeitlich auch im Privatleben) angepriesen. So gibt es zahlreiche Anbieter von HV-, Team-, Gesundheits-, Führungskräfte-, Life-Coaching und viele mehr. Umso wichtiger ist es, seriöse von unseriösen Coaching-Methoden zu unterscheiden. Der Artikel soll Ihnen dabei helfen.

Wenn Ihnen sog. Coaches etwas von "roten Bewerbern und menschlichen Pferden" erzählen, dann hören Sie auf Ihren gesunden Menschenverstand - und beenden Sie das Gespräch. (© AdobeStock/Marco)

Coach ist kein geschützter Beruf: Jeder kann sich Coach nennen, ohne irgendeine Qualifikation nachweisen zu müssen. Zudem gibt es mehrere hundert Coaching-Ausbildungen in Deutschland. Damit ist die Coaching-Szene ziemlich unübersichtlich.

Wirksamkeitsnachweise

Allerdings basiert nur ein Teil der Coaching-Ausbildungskonzepte hierzulande auf wissenschaftlich fundierten Methoden. Oft fehlen Wirksamkeitsnachweise, für einige Methoden wurde sogar die Unwirksamkeit bereits nachgewiesen.

Gerade deshalb bräuchte es eine wissenschaftlich fundierte Basis, um wirksames von unwirksamem Coaching abzugrenzen und verlässliche Kriterien aufzustellen, für welche Situationen sich Coaching eignet, und welche positiven Effekte, aber auch potenziell negative Folgen – wie z. B. die Entwicklung einer Abhängigkeit vom Coach oder eine Verschlechterung der Beziehung zu Vorgesetzten – zu erwarten sind.

Die Eignungsdiagnostik mit psychologischen Tests (z.B. zur Personalauswahl oder Personalentwicklung sollte von Profis durchgeführt werden, die mit psychologischen Tests, wissenschaftlichen Theorien und Modellen sowie mit Statistik umgehen und diese richtig interpretieren können!

Zum Vergleich: Auch bei Arzneimitteln möchte man möglichst genau wissen, wann welches Mittel für welche Patienten in welcher Dosierung eingesetzt wird und welche Nebenwirkungen auftreten können.

Blickrichtungsdeutung

Sowohl in einigen Verkaufstrainings als auch bei Einstellungsgesprächen wird gelegentlich die Technik der Blickrichtungsdeutung propagiert. Hier werden anhand der Beobachtung der Blickrichtung des Kunden, der Mitarbeiterin oder einer Bewerberin (nach oben, unten, rechts oder links) Rückschlüsse gezogen, wie das Gegenüber denkt. Es wird behauptet, dass an der Augenbewegung abgelesen werden könne, ob der andere sich an etwas visuell oder auditiv erinnert, sich Bilder visuell oder auditiv konstruiert, in sich hineinhört oder Gefühle empfindet. Daraus werden Rückschlüsse gezogen, ob der andere ein visueller, auditiver oder kinästhetischer Typ sei und über welche Sinnesreize er oder sie am besten anzusprechen oder zum Kauf eines Produkts zu bewegen sei.

Wichtig: Die Annahme, mit Hilfe der Blickrichtungsdeutung eine Typisierung durchführen zu können, wurde in zahlreichen wissenschaftlichen Studien längst widerlegt! So zeigte sich u. a., dass bei einer Wiederholung der Versuche ein und dieselbe Person einem ganz anderen Typus zugeordnet wurde.

Coaching mit Tieren

Für Führungskräfte-Trainings hat seit einigen Jahren das Coaching mit Tieren Einzug gehalten. Dabei wird angenommen, dass eine Führungskraft, die z. B. ein Pferd führen kann, auch Menschen gut führen könne.

Warum das nicht funktioniert:

  • Führungskräfte verhalten sich ihren Mitarbeitern gegenüber anders als einem Tier gegenüber.
  • Menschen sind einem Pferd intellektuell überlegen.
  • Mitarbeiter können die Argumente der Führungskraft kognitiv verarbeiten, reflektieren und ihr Verhalten anpassen.
  • Menschen können gegenteilige Argumente vorbringen und in eine Diskussion eintreten.

 

Fazit: Es gibt zahlreiche Untersuchungen, die sich mit pferdegestütztem Coaching beschäftigen. Die meisten zeigen laut Uwe Kanning, Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück, lediglich banale Zusammenhänge, wie beispielweise die Erkenntnis, dass „Pferde auf die Körpersprache des Menschen reagieren oder Menschen emotional auf Pferde reagieren“.

Qualitativ hochwertige wissenschaftliche Studien, die die langfristige Wirksamkeit des Pferde-Coachings im Führungskontext belegen, fehlen dagegen.

Einteilung von Menschen in Farbtypen

Gerne werden zur Beurteilung von Bewerbern oder Mitarbeitern auch Persönlichkeitsfragebögen eingesetzt, die Menschen in unterschiedliche Farbtypen einteilen. Inzwischen gibt es auf dem Markt eine Vielzahl solcher Tests. Führungskräfte erhalten vermeintlich einfache Mittel an die Hand, wie sie mit einem „roten, grünen, blauen oder sonstigen Mitarbeitertypus“ am besten umgehen sollten.

Dabei werden jedem Farbtypus individuelle Eigenschaften unterstellt, die aber von Test zu Test variieren können. So soll z. B. ein roter Typ bei dem einen Test willensstark und entscheidungsfreudig und bei einem anderen Test emotional und impulsiv sein.

Die Probleme solcher Tests:

  • In der Realität unterscheiden sich Menschen, die auf Basis solcher Farbtests einem bestimmten Farbtypus zugeordnet wurden, oft sehr stark voneinander.
  • Die Vielfalt an Eigenschaften wird mit solchen Tests in wenige Typen gepresst. Damit werden Mitarbeiter in Schubladen gesteckt. Schubladendenken verhindert aber, dass Menschen ihr volles Potenzial im Sinne der Apotheke entfalten können.
  • Viele dieser Tests arbeiten mit einfachen Antwortmöglichkeiten. Sie lassen keine differenzierte Analyse eines Persönlichkeitsmerkmals zu.
  • Menschen reagieren in verschiedenen Situationen unterschiedlich. So kann z. B. eine Person in einer Situation emotional und in einer anderen rational reagieren.
  • Die zugrundeliegenden Theorien und Modelle sind teils 50 bis 100 Jahre alt und längst veraltet. Die wissenschaftliche Forschung im Bereich der Persönlichkeitstests hat sich seither – genau wie die Pharma- und Medizinforschung – erheblich weiterentwickelt.

 

Zum Vergleich: Vor 100 Jahren wurde das erste (tierische) Insulin und die erste Impfung gegen Tetanus entwickelt. Vor 50 Jahren gab es noch keine ACE-Hemmer oder Arzneimittel zur Behandlung der Multiplen Sklerose.

Hinweis: Wissenschaftlich fundierte Tests legen u. a. detailliert offen, für welchen Personenkreis sie geeignet sind, wie Test- und Vergleichsgruppen zusammengesetzt sind, welche und wie viele Antwortmöglichkeiten bestehen, ob der Test bei wiederholter Messung immer noch zum selben Ergebnis kommt, ob er das misst, was er messen soll etc.

Was ist Business-Coaching?

Relativ weit verbreitet ist das sog. Business-Coaching. Hierbei handelt es sich um einen zeitlich begrenzten, individuellen Begleitprozess eines Klienten. Dieser soll im beruflichen Alltag seine eigenen Lösungswege für konkrete Probleme finden.

Dabei richtet sich Business-Coaching in erster Linie an Führungskräfte und Personalverantwortliche. Seriöse Angebote dieses Coachings unterstützen Führungskräfte bei der Weiterentwicklung ihrer Führungskompetenzen, Persönlichkeits- oder Karriereentwicklung.

So erkennen Sie einen seriösen Coach

Ein seriöser Coach ...

  • gibt keine Erfolgsversprechen ab.
  • bietet keine Verträge mit festgelegten Mindeststundenzahlen oder unbegrenzten Zeiträumen an.
  • schreibt das konkrete Ziel, das mit dem Coaching erreicht werden soll, oder eine konkrete Fragestellung, die beantwortet werden soll, im Vertrag fest.
  • beantwortet Fragen zu den ausgewählten Methoden umfassend.
  • verfügt über Kenntnisse zu menschlichem Verhalten, Emotionen und Konfliktlösungsstrategien sowie in Personalentwicklung, Führung und Betriebswirtschaft, z. B. durch ein entsprechendes Studium.
  • hat eine wissenschaftlich fundierte und zertifizierte Coaching-Ausbildung.
  • hat für sein Themengebiet ein akademisches Studium – z. B. als Psychologe, Kommunikations- oder Gesundheitswissenschaftler, idealerweise mit einschlägiger Berufserfahrung.

Einen seriösen Coach finden

Da für Laien die Coaching-Szene ziemlich unübersichtlich ist, sollte bei der Suche nach einem geeigneten Anbieter auf einige Punkte geachtet werden. Vorsicht ist geboten bei Coaches, die sich besonders erfolgreich präsentieren und mit diesen Erfolgen werben, z. B. mit vielen zufriedenen Kunden oder mit ihrer langjährigen Erfahrung. Der Verweis auf langjährige Erfahrung ist allerdings längst kein Garant für gute Qualität!

Positive Bewertungen auf Firmen-Websites sind erfahrungsgemäß selten objektiv. Da Unternehmen primär Interesse an positiven Bewertungen haben, werden sie nur zufriedene Kunden um eine Bewertung bitten bzw. nur die positiven Bewertungen veröffentlichen. Außerdem geben Kunden, die für eine Dienstleistung viel Geld bezahlt haben, öffentlich nur ungern zu, dass das eine Fehlinvestition war.

 

Katja Löffler, Wirtschaftspsychologin (M. Sc.), Dipl. Kffr. (FH) und PTA, 85630 Grasbrunn

Quellen

Uwe Kanning: 15 Minuten Wirtschaftspsychologie, auf Youtube:

010: Ist es sinnvoll, Menschen in Typen einzuteilen?

073: Studien zu pferdegestützten Coachings

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2025; 50(08):10-10