Artikelserie Mitarbeiterführung – Teil 2

Wer selbst nicht führt, wird geführt


Emanual Winklhofer

Das Team einer Apotheke zu führen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die sich nicht "nebenbei" erledigen lässt. Als Chef sind Sie zugleich Unternehmensentwickler und haben die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sich Ihr Unternehmen permanent weiterentwickelt.

Es gibt hunderte Bücher zu den Themen Mitarbeiterführung, Führungsstile, Führungsaufgaben, Führungsmethoden, Führungsinstrumente und Führungspersönlichkeiten. In dieser Artikelserie wollen wir einige praktische Tipps vermitteln, die sich in der Apotheke schnell umsetzen lassen. Vieles aus vergangenen Jahren funktioniert heute nicht mehr, da wir einen intensiven Wertewandel erleben. Die jungen Menschen, die neu zu uns stoßen, gehören der Generation Z an und haben vollkommen andere Werte als noch vor 20, 30 oder 40 Jahren. Für sie steht der Sinn ihres Arbeitens an oberster Stelle: Sie wollen sich entfalten, flexibel agieren und Nachhaltigkeit in ihr Tun integrieren können.

Jungen Menschen ist heute "Work-Life-Balance" und "Work-Life-Separation" wichtig, also ein Gleichgewicht zwischen Berufs- und privatem Leben sowie die strikte Trennung zwischen diesen beiden Bereichen. Wenn wir diese Generation in unseren Teams integrieren wollen – und darauf sind wir dringend angewiesen –, dann müssen wir uns in unserem Führungsverhalten auf ihre Bedürfnisse einstellen.

Für viele Apothekenleiter zählt Mitarbeiterführung nicht zu ihren Lieblingsaufgaben, denn sie braucht viel Zeit und liefert keine kurzfristig greifbaren Erfolge. Deshalb soll an dieser Stelle nochmals die Wichtigkeit der inneren Einstellung zu Führungsverantwortung ans Herz gelegt werden: Langfristig profitiert die Apotheke enorm von einer guten Führungsarbeit!

Acht zentrale Führungsaufgaben

In diesem zweiten Teil unserer Artikelserie wollen wir kurz und prägnant die wichtigsten Führungsaufgaben, die auf Sie als Apothekeninhaber bzw. -leiter warten, zusammenfassen:

1. Auswahl, Einsatz und Weiterentwicklung von Mitarbeitern

Schon bei der richtigen Auswahl neuer Teammitglieder beginnt eine zentrale Führungsaufgabe. So gilt es, zunächst zu überlegen, welche Qualifikationen ein neues Teammitglied braucht: Muss er/sie sehr gute kommunikative Eigenschaften mitbringen, um eine vermittelnde Rolle im Team einzunehmen, viel mit den Kunden am HV umgehen und das Tagesgeschäft organisieren?

Oder suchen Sie eher jemanden, der fachlich kompetent ist und z.B. im Labor, dem Qualitätsmanagement, der Verblisterung oder Zyto-Herstellung arbeiten soll?

Beim Bewerbungsgespräch liegt der Gesprächsanteil des Chefs üblicherweise bei 30%. Die Bewerber sollen 70% des Gespräches bestreiten. Bei Bewerbern, die in die engere Wahl kommen, empfiehlt es sich, ein kleines Persönlichkeitsprofil ausfüllen zu lassen. Hier ist wichtig, genau zu erklären, dass dies kein Psychotest ist, der Bewerber das Profil mit weiteren Erklärungen dazu als persönlichen Benefit mit nach Hause bekommt und datenschutzrechtlich alles sauber abläuft. Für Sie als Apothekenleiter erschließt sich daraus sehr deutlich, ob jemand gut ins Team passt oder nicht. Die vereinbarte Probezeit dient insofern dann dazu, dass sich beide Seiten kennenlernen und sehen können, ob sie fachlich persönlich, und kommunikativ zusammenpassen.

Eine gute Führungskraft versteht es, die Mitarbeiter dort einzusetzen, wo sie ihre größten Stärken haben und somit die höchste Leistung bringen können. Die Teammitglieder sollen Selbstverwirklichung im Beruf betreiben können und nicht erst nach Dienstschluss in ihrer Freizeit!

Unternehmensentwicklung heißt immer auch Teamentwicklung, deshalb ist es so wichtig, den Teammitgliedern die Möglichkeit für Fort- und Weiterbildung zu bieten. Generell gibt es drei Bereiche der Weiterentwicklung: die fachliche, die kommunikative und die Persönlichkeitsebene.

2. Den Regelkreis beherrschen

Wir müssen im Alltag Schwerpunkte setzen, um Wichtiges von Unwichtigen zu trennen und gute Ergebnisse zu erreichen. Der klassische Regelkreis beinhaltet fünf Punkte:

  • Ziele setzen,
  • Aufgaben planen,
  • Entscheiden und Delegieren,
  • Durchführung kontrollieren,
  • Rückmeldung geben.

3. Die Vorbildfunktion

Von einem guten Beispiel kann man lernen, wie es geht, von einem schlechten nur, wie es nicht funktioniert. Mitarbeiter wollen einen Chef, auf den sie stolz sein können und der ihnen zeigt, wie erfolgreiches Arbeiten funktioniert. Deshalb stehen Sie als Apothekeninhaber oder -leiter immer unter Beobachtung und sollten das, was Sie von anderen verlangen, (zumindest größtenteils) auch selbst beherrschen.

4. Motivation fördern – Demotivation vermeiden

Bevor wir daran denken, wie wir Menschen motivieren können, sollten wir zunächst versuchen, Demotivationsfaktoren zu eliminieren. Oft sind dies eine mangelnde Informations- und Kommunikationskultur, unzureichende Technik, zu wenig Platz, personelle Unterbesetzung etc.

Zur Motivation: Grundsätzlich sind alle Menschen motiviert. Die Frage lautet nur: Wofür? Sind unsere Ziele deckungsgleich oder unterschiedlich? Bei der Motivation können wir als Chef Hilfe zur Selbsthilfe geben. Es gibt einige Faktoren für die extrinsische Motivation, dazu gehören das Gehalt, gute Arbeitsbedingungen, Einkaufsgutscheine etc. Viel wichtiger ist es indes, die intrinsische Motivation zu fördern: Menschen wollen etwas leisten und dafür wertgeschätzt werden, sowie einen Sinn in ihrer Arbeit sehen.

5. Erfolgserlebnisse schaffen

Erfolge zu erzielen, begeistert und spornt an. Achten Sie deshalb darauf, dass ihre Ziele immer so realistisch sind, dass sie auch tatsächlich erreichbar sind, damit Sie Erfolgserlebnisse mit allen im Team teilen und feiern können. Zielführend kann es sein, ein kleines Erfolgsbuch für die Apotheke zu führen, in das man jeden Tag drei kleine Erfolge schreibt. Dies ist auch für den privaten Bereich eine gewinnbringend Maßnahme.

6. Fehler sind Lernhilfen

Niemand macht Fehler! Fehler passieren, denn das "Machen" setzt ein absichtsvolles Handeln voraus. Jeder versucht, seine Aufgaben bestmöglich zu lösen, und wenn etwas daneben geht, dann ist es eine Aufforderung, darüber nachzudenken, was "noch fehlt". Fehler dürfen nicht geahndet werden, sonst werden sie verheimlicht. Sie sind insofern Lernhilfen, die uns auf den Weg der kontinuierlichen Verbesserung schicken.

7. Wertfrei wahrnehmen

Wir alle sehen die Welt durch die Brille unserer Programme und Erfahrungen. Als Führungskräfte müssen wir lernen, wahrzunehmen und nicht zu interpretieren. Unsere Aufgabe besteht darin, Fragen zu stellen und in einem Feedbackgespräch (dieses Werkzeug kommt in einer späteren Folge) Probleme zu klären.

8. Neue Mitarbeiter ins Team aufnehmen

Der erste Arbeitstag nach einem Arbeitswechsel oder bei einem Neueinstieg ist ein Ereignis, das "Neuankömmlinge" besonders sensibel wahrnehmen. Sie haben oft (unbegründete) Ängste, ob sie den Anforderungen gewachsen sind, die Teammitglieder sie mögen, sie das Pensum schaffen, mit der neuen EDV umgehen können u.v.m.

Deshalb sollte der erste Arbeitstag für neue Mitarbeiter stets zur Chefsache erklärt werden: Es ist ein Zeichen der Wertschätzung, am ersten Tag vom Chef bei allen Kollegen vorgestellt zu werden und vielleicht einen Paten an die Seite gestellt zu bekommen, der einen in den ersten Monaten begleitet.

Lohnenswerte Investition

Ja, Führung braucht viel Zeit und wir müssen uns klar zu dieser Aufgabe bekennen. Wer nicht führt, wird von allen anderen geführt.

In den nächsten beiden Folgen unserer Artikelserie erklären wir die verschiedenen Führungsinstrumente (=Werkzeuge), die wir in der Apotheke nutzen können: Informationswege, Teambesprechungen, Einzelgespräche, Lob und Kritik sowie Feedbackgespräche.

 

Emanuel Winklhofer, Apotheker, Agentur für Kommunikation, Seminare und Coaching, 93197 Zeitlarn, E-Mail: coaching@winklho.de

 

Lesen Sie auch die anderen Beiträge unserer Serie "Mitarbeiterführung"!

Teil 1 Pharmazeutische Kompetenz allein reicht nicht in AWA 20/2022

Teil 3 Teamgespräche – viel mehr als lästige Routine in AWA 2/2023

Teil 4 Feedback als positives Führungsinstrument in AWA 4/2023

Vorbildfunktion und Führungsqualität machen gute Mitarbeiterführung aus!
(AdobeStock 878145510)

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2022; 47(24):10-10