Prof. Dr. Reinhard Herzog
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Die Bandbreite bei den Margen ist teils deutlich.
Was sind die Konsequenzen für die unterschiedlichen Apothekentypen?
(Foto: AdobeStock_Oleksiy)
Unser Blick gilt zuerst der aktuellen Richtsatzsammlung für 2023, publiziert im September 2024 (Abbildung 1). Die Apotheken finden sich im Branchenvergleich am unteren Ende wieder, wobei der durchschnittlich zugrunde gelegte Rohgewinnsatz von immer noch 25 % überrascht, wie auch der eher schmale typische Spannenbereich von 21 % bis 28 %. Tatsächlich bewegen wir uns eher am unteren Rand oder gar noch darunter. In kommenden Richtsatzsammlungen dürften Anpassungen vorgenommen werden, freilich aus der „positiven“ Sicht des Fiskus.
Abb. 1: Rohgewinnsätze (in % vom Nettoumsatz) im Branchenvergleich
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Datenquelle: Richtsatzsammlung des Bundesfinanzministeriums vom September 2024, für 2023
Nebenbei: Für den Gewinn („Reinertrag“) der Apotheken wird ein Bereich von 4 % bis 13 % vom Nettoumsatz angenommen, bei einem Mittelsatz von 8 %, was ebenfalls ambitioniert ist. Allerdings erzielen Apotheken im Kontext des (inhabergeführten) Einzelhandels überdurchschnittliche Umsätze. Zudem werden mit meist kleinen, sich vergleichsweise schnell umschlagenden Packungen immer noch ganz ordentliche Stückerträge erzielt. Letztere sind bei Fahrrädern, Textilien oder Computer zwar unzweifelhaft höher, aber wer setzt davon schon tausende oder zehntausende um? Wer so hohe Stückzahlen umsetzt, tut dies regelhaft mit meist niedrigpreisigen Artikeln wie Lebensmitteln. Eine durchschnittliche Apotheke verkauft hingegen rund 45.000 Rx-Packungen jährlich mit einem durchschnittlichen Stückertrag von rund 10 €. Diese 10 € Ertrag erzielt selbst ein Lebensmittel-Vollsortimenter wie ein Edeka- oder Kaufland-Center nicht einmal mit einem durchschnittlich vollen Einkaufswagen und einem Dutzend Artikeln darin.
Spannbreiten viel höher
Die Werte der Richtsatzsammlung könnten implizieren, dass die Apothekenlandschaft hinsichtlich Margen recht homogen ist. Tatsächlich streben die Werte deutlich stärker auseinander. Zwar mag sich tatsächlich im Sinne einer Verteilungsfunktion etwa zwei Drittel der Margen in einem Bereich von Mittelwert plus bzw. minus drei bis vier Prozentpunkte abspielen. Aber es gibt eben eine nennenswerte Zahl an Betrieben, die deutlich davon abweichen. Die wesentlichen Parameter für diese Abweichungen sind bereits vielfach zur Sprache gekommen, es sind im Wesentlichen:
- Der Packungswert (bzw. genauer die Verteilung der Packungswerte) im dominierenden Rx-Segment. Bei niedrigen Packungswerten dominiert die Fixkomponente des Honorars und steigert so die prozentuale Marge, bei hohen Packungswerten verblasst dieser Festaufschlag relativ, und die niedrige prozentuale Vergütung (3 % plus eigene Rabatte) kommt stärker zum Tragen. Letzteres gipfelt in den Hochpreisern mit knapp 3 % Spanne plus Rabatt plus den in diesem Preisbereich beinahe vernachlässigbaren Festzuschlag.
- Das Verhältnis von Rezeptumsätzen zu OTC-Umsätzen mit gut doppelt so hoher Spanne, aber weit niedrigeren Packungswerten und Stückerträgen.
- Sonderumsätze, sofern von nennenswerter Bedeutung, ob (Spezial-)Rezepturen, Versandaktivitäten, eigene (teils margenstarke) Sondersegmente wie Cannabis, traditionelle chinesische Medizin (TCM), Eigenmarken u. a. m.
Der Mix dieser Segmente bestimmt dann die Marge. Ergänzt durch die absolute Kundenzahl an sich sowie die Kennzahlen „Umsatz je Kunde“ und noch mehr „Rohertrag je Kunde“ ergeben sich unterschiedliche Konstellationen mit einem hohen Einfluss auf die Unternehmensführung:
- Ärztehaus-Apotheken kommen auf weit überdurchschnittliche Umsätze je Kunde (teils über 80 € bis 100 € je nach Fachärzte-Mix) und überdurchschnittliche Bonerträge nicht selten um oder klar über 15 €, dies aber mit niedrigen Spannen. Die Kundenzahlen bleiben relativ betrachtet klar hinter diesen Top-Werten zurück.
- Die Mehrzahl der Apotheken bewegt sich im Bereich von 50 € bis 75 € Bonumsatz bei etwa 11 € bis an die 15 € Bonertrag bei Kundenzahlen, die sich an der Frequenz- und Ärztesituation ausrichten (im Schnitt um 50.000 pro Jahr und reichlich 100.000 Packungen).
- Je ausgeprägter die Frequenzlage und je weiter weg von den Verordnern, umso stärker sinken die Pro-Kopf-Umsätze bei deutlich steigenden Spannen, was die Reduktion der Bonerträge etwas bremst. Nichtsdestotrotz kämpfen viele Frequenz- und Center-Standorte mit der 10-Euro-Marke beim Bonertrag. Zwar verteilen sich hochpreisige Rezepte (nicht zuletzt durch das E-Rezept beflügelt) breiter, sodass auch in Centern Pro-Kopf-Umsätze jenseits der 30 €, gern auch (sehr) deutlich über 40 € erwirtschaftet werden können. Unter dem Strich bleibt aber der Befund, dass der gleiche Rohertrag mit einer erheblich größeren Zahl an Kundenvorgängen herangeschafft werden muss.
Konsequenzen
Die Kombination aus Kundenertrag („Bonertrag“) und Kundenzahl ist die entscheidende Information, welche die „Schlagzahl“ in der Apotheke bestimmt. Tabelle 1 ordnet dies den Spannenbereichen zu. Grundsätzlich können Sie nur das verteilen, was der Bonertrag hergibt. Demzufolge müssen Sie den Zeitaufwand je Kunde in einer Lauflage ganz anders (nämlich knapper) kalkulieren als in einem Ärztehaus, Sie sollten sich aber auch in letzterem nicht auf den hohen Pro-Kopf-Erträgen „ausruhen“. Ein viel höherer Packungsabsatz in Lauflagen erfordert zudem rationellere Abläufe im „Backoffice“.
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Das führt zu der spannenden Frage: Wo liegen heute eigentlich die Mindestgrenzen, um eine Apotheke überhaupt noch oder idealerweise einigermaßen entspannt ohne völlige Selbstausbeutung zu führen? Das wird uns im nächsten Beitrag beschäftigen.
Prof. Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de
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