Katja Löffler
Mitarbeiter wertschätzen konstruktive Rückmeldungen von Seiten des Chefs. (© Adobe/Stock/H_Ko)
Kritik ist in unserem Sprachgebrauch meist mit etwas Negativem assoziiert. Deshalb kommt es ganz entscheidend darauf an, wie wir kritisches Feedback geben. Erleben Mitarbeiter eine Kritik als Angriff oder Schuldzuweisung, geraten sie automatisch in eine Verteidigungsposition. Sie reagieren abwehrend, aggressiv oder mit Schweigen, denn sie fühlen sich in ihrem Selbstwert verletzt oder herabgewürdigt. Dadurch sinkt ihr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. In diesem Fall sind Mitarbeiter nicht offen für Veränderungen.
Erfahrungen beeinflussen den Umgang mit Kritik
Ob unser Gegenüber die Rückmeldung als Chance wahrnimmt oder sich angegriffen fühlt, ist individuell sehr unterschiedlich. Das hängt u. a. davon ab, welche Erfahrungen dieser Mensch bisher mit Kritik gemacht hat. Eine Mitarbeiterin, die beispielsweise von einem früheren Arbeitgeber sukzessive aus der Apotheke gemobbt wurde, wird in Zukunft äußerst sensibel auf kritisches Feedback reagieren und dieses eher als Angriff wahrnehmen als jemand, der diese Erfahrung nicht gemacht hat.
Konstruktives Feedback ist zielführender als kritisches
Im Gegensatz zu kritischem Feedback zielt konstruktives Feedback darauf ab, die Mitarbeiter zu unterstützen und ihnen einen Lösungsweg aufzuzeigen. Da bei konstruktivem Feedback keine Bewertung des Verhaltens erfolgt, fällt es Mitarbeitern leichter, dieses anzunehmen und ihr Verhalten zu korrigieren.
Konstruktives Feedback ist wertschätzend, fördert die Weiterentwicklung und den Lernerfolg, steigert Motivation und Leistung und schafft Vertrauen. Davon profitieren Mitarbeiter, Kollegen, Vorgesetzte und die Apotheke.
Mitarbeiter spüren häufig intuitiv, welche tatsächliche Absicht hinter einem Feedback steckt. Sie werden – bewusst oder unbewusst – abwägen, ob die Rückmeldung wohlwollend ist und ihnen bei ihrer Weiterentwicklung helfen soll oder ob sie das Feedback nur erhalten, weil der Vorgesetzte etwas für sich selbst erreichen will, z. B. seinen Ärger loswerden.
Tipp: Bevor Sie kritisches Feedback geben, wägen Sie gut ab, was Sie mit der Rückmeldung erreichen wollen. Folgende Überlegungen können dabei helfen:
- Will ich den Mitarbeiter zu besserer Leistung antreiben oder befähigen, seine Leistung zu verbessern?
- Will ich ihm seinen Fehler klarmachen oder will ich ihm helfen, sich weiterzuentwickeln?
- Will ich meinen Ärger loswerden oder eine gemeinsame Lösung finden?
- Will ich ihn zurechtweisen oder motivieren?
- Will ich ihm zeigen, wer der Chef ist, oder will ich das Verhalten verstehen?
Tipp: Wenn Sie merken, dass Sie auf eine Mitarbeiterin besonders wütend oder sauer sind, sollten Sie, bevor Sie ihr Feedback geben, möglichst erst einmal eine Nacht darüber schlafen und sich im Vorfeld überlegen, welchen Grund es für dieses Verhalten geben kann.
Sandwich-Methode ist oft kontraproduktiv
Hartnäckig hält sich die Empfehlung, Kritik am besten nach der Sandwich-Methode auszusprechen. Demnach soll zu Beginn eines Kritikgesprächs etwas Lobendes genannt werden, dann kommt die Kritik und zum Schluss wird noch einmal etwas Anerkennendes mitgeteilt.
Gerade intelligente und empathische Menschen erkennen die Taktik hinter der Sandwich-Methode sehr schnell und werden das umrahmende Lob als schön verpackte Schelte identifizieren. Sie fühlen sich dadurch manipuliert. Solch vergiftetes Lob schadet der vertrauensvollen Zusammenarbeit mehr, als dass es nützt. Beim nächsten Lob werden diese Mitarbeiter sofort einen faden Beigeschmack spüren und eine Kritik wittern, denn sie haben gelernt, nach dem Lob folgt die Kritik – ein typisches Beispiel für klassische Konditionierung. In Zukunft kommt ein ernstgemeintes Lob bei ihnen gar nicht mehr an.
Tipp: Selbstverständlich darf positives Feedback nicht zu kurz kommen. Allerdings sollte dieses unabhängig von einer negativen Rückmeldung erfolgen, idealerweise zeitnah nach dem positiven Verhalten.
Konstruktives Feedback praktisch umsetzen
Die allgemeinen Feedback-Regeln (zeitnah, unter vier Augen, konkrete Situation beschreiben, genügend Zeit einplanen und Ich-Botschaften senden) gelten selbstverständlich nicht nur für positives, sondern auch für konstruktives Feedback (vgl. AWA 1/2025, S. 12 f.).
Bei konstruktivem Feedback beschreibt der Feedback-Geber seine Wahrnehmung der Situation, die Wirkung des Verhaltens, drückt seine Wertschätzung aus und formuliert einen Wunsch an den Mitarbeiter.
Wahrnehmung der Situation
Genau wie beim positiven Feedback findet auch beim konstruktiven Feedback KEINE Bewertung des Verhaltens statt, sondern eine Beschreibung der Beobachtung!
Formulierungsbeispiele:
- „Mit ist aufgefallen, dass du gestern zu unserem Meeting zu spät kamst.“
- „Mir ist aufgefallen, dass dir in letzter Zeit häufiger Fehler passieren.“
- „Ich habe den Eindruck, dass der Umgangston im Team rauer geworden ist.“
- „Diese Woche war die Heimbelieferung nicht wie vereinbart am Dienstagabend fertig, sondern erst am Mittwoch.“
- „Ich habe mitbekommen, dass du in letzter Zeit häufiger fehlst.“
Wirkung des Verhaltens
Um zu beschreiben, welche Wirkung ein konkretes Verhalten auf den Feedback-Geber hat, bieten sich Ich-Botschaften an.
Formulierungsbeispiele:
- „Ich habe mir Sorgen gemacht, dass dir unterwegs etwas zugestoßen sein könnte.“
- „Auf mich wirkt das … unsicher/unkonzentriert.“
- „Das ärgert mich.“
- „Mir ist das vor den Kunden unangenehm.“
- „Ich empfinde das als Angriff.“
- „Das hatte für mich zur Folge, dass ich länger bleiben musste.“
- „Deshalb konnte die Besprechung nicht rechtzeitig beginnen. Darüber war ich sehr verärgert, denn ich hatte noch einen Anschlusstermin.“
Wertschätzung
Wertschätzung wird u. a. dadurch ausgedrückt, dass konstruktives Feedback immer ein Gespräch auf Augenhöhe ist, bei dem jeder Teilnehmer in etwa gleiche Redeanteile hat. So werden Mitarbeiter in den Dialog einbezogen und erhalten die Chance, auf das Feedback zu reagieren. Dazu bedarf es zum einen des echten Interesses an der Meinung des Mitarbeiters und zum anderen der Bereitschaft des Vorgesetzten, selbst offen für Kritik zu sein.
Formulierungsbeispiele:
- „Wie siehst du diese Angelegenheit?“
- „Wie kam es dazu?“
- „Gibt es Probleme?“
- „Deine Ansicht des Sachverhalts interessiert mich sehr.“
- „Wie hätte es deiner Ansicht nach besser laufen können?“
- „Was würdest du in Zukunft anders machen?“
Konkreter Lösungswunsch
Mit der Formulierung eines konkreten Wunsches drückt der Feedback-Geber aus, was ihm wichtig ist und was er in Zukunft vom Mitarbeiter erwartet. Wird konstruktives Feedback vom Mitarbeiter als ehrlich, nützlich und fair empfunden, steigt die Akzeptanz und damit die Wahrscheinlichkeit für eine Verhaltensänderung.
Die gemeinsame Suche nach einer Lösung sowie ein positiver Ausblick fördern das Vertrauensverhältnis. Die individuelle Unterstützung bei Fragen oder Problemen erhöht Motivation und Arbeitszufriedenheit:
- „Wie willst du das Problem lösen?“
- „Wie willst du … in Zukunft besser machen/verhindern?“
- „Wie kann ich dich unterstützen, damit du beim nächsten Projekt den Zeitplan einhältst?“
- „Was brauchst du, um …?“
- „Wenn du das nächste Mal eher Bescheid sagst, sobald es Probleme gibt, dann können wir frühzeitig eine Lösung finden.“
Beispiel aus der Apothekenpraxis
Statt: „Gestern hast du vergessen, das Arzneimittel für Frau XY beim Großhandel zu bestellen“ (Anschuldigung).
Besser: „Gestern Nachmittag wollte Frau XY ihr bestelltes Arzneimittel abholen. Dieses wurde gar nicht beim Großhandel bestellt.“ (Wahrnehmung) „Frau XY war sehr verärgert.“ (Wirkung) „Deshalb bin ich abends nach Dienstschluss noch bei ihr vorbeigefahren und habe ihr das Medikament nachgeliefert.“ (Auswirkung auf Feedback-Geber) „Wie kam es deiner Meinung nach zu dieser Situation?“ (Wertschätzung durch echtes Interesse). „Wie lässt es sich in Zukunft verhindern, dass so etwas wieder passiert?“ (Konkreter Wunsch nach Lösung)
Katja Löffler, Wirtschaftspsychologin (M. Sc.), Dipl. Kffr. (FH) und PTA, 85630 Grasbrunn
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Feedback als wichtiges Instrument der Personalführung
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(AdobeStock_sichon)
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2025; 50(02):14-14