Wie Sie ein Burnout verhindern können – Teil 1

Sorgen Sie gut für sich und Ihre Gesundheit


Esther Stollenwerk

Häufig unregulierter Stress, zu kurze Erholungsphasen oder fehlende Sinnhaftigkeit in Arbeit und Privatleben – all dies kann zur völligen Erschöpfung, dem sogenannten Burnout führen. Doch was können Sie tun, um diesem Zustand aktiv entgegenzuwirken?

Als Apothekenleiter sind Sie täglich vielfältigen Anforderungen ausgesetzt: Sie jonglieren Fach-, Management- und Personalführungsaufgaben, haben eine hohe Selbstverantwortung und wahrscheinlich auch ein Privatleben. Inmitten dieser Vielfalt ist es besonders wichtig, die eigenen Ressourcen zu pflegen, um nicht aus der Balance zu geraten.

Dennoch halten viele Führungskräfte die Pflege der eigenen Gesundheit – besonders der psychischen – für eher vernachlässigbar. Es geht ihnen aktuell gut, unter Burnout leiden nur die anderen. Warum also Aufwand für etwas betreiben, das sie allenfalls in ferner Zukunft ereilen könnte? Und was genau ist eigentlich ein Burnout?

Obwohl der Begriff schon fest in unserer Alltagssprache verankert ist, fehlt es tatsächlich bis heute an einer einheitlichen, verbindlichen Definition. Ebenso gibt es keinen Konsens über die Ursachen. Als gesichert gilt allerdings, dass die Kombination aus Persönlichkeitsmerkmalen – insbesondere Perfektionismus sowie ein übermäßiges Harmoniebedürfnis ("es immer allen recht machen wollen") – und äußere Umstände ein Burnout herbeiführen können. Neuere Ansätze beschreiben dieses als "emotionalen, geistigen und körperlichen Erschöpfungszustand nach einem vorangegangenen Prozess hoher Arbeitsbelastung, Stress und/oder Selbstüberforderung."

Warum sich Prävention definitiv lohnt

Und damit zurück zu der Frage, warum es sich lohnt, einem Burnout präventiv vorzubeugen. Ein klares Argument dafür verbirgt sich in der scheinbar paradoxen Funktionsweise unseres Organismus. So konnte die moderne neuropsychologische Forschung zeigen, dass Belastung kurzfristig für die meisten Menschen durchaus stimulierend und vitalisierend wirkt. Der Organismus passt sich den höheren Anforderungen an, unser Kreislaufsystem und die Stresshormone arbeiten effektiver und die Psyche signalisiert: "Du schaffst das, du bist toll."

Manche Menschen halten das viele Jahre durch – aber eben nur manche. Denn selbst wenn man sich rein subjektiv nicht gestresst fühlt: Längerfristig führt die Dauerbelastung zu körperlichen und psychischen Abnutzungserscheinungen: Bluthochdruck, Anfälligkeit für Entzündungen, Erschöpfung und Depression. Die moderne Stressforschung legt daher ihr Augenmerk weniger auf die belastenden Umstände, sie betrachtet die mangelnde Regeneration und Bewältigungsstrategie. Kurzum: Wir brauchen regelmäßige Regeneration und Erholung im Alltag, um langfristig fit zu bleiben! Doch was bedeutet es konkret, sich richtig zu erholen? Und was können Sie sonst noch tun, um gut für sich zu sorgen, damit Sie Ihre Kraft behalten und gesund bleiben?

Richtig erholen – so geht‘s

Neuere Forschung zeigt, dass die Fähigkeit, sich zu erholen, individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt ist und einen großen Einfluss auf das Stressempfinden hat. Regeneration bedeutet "Rückgewinnung verbrauchter Kräfte bzw. Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit". Und damit ist nicht als erstes der Urlaub gemeint – im Gegenteil: In Studien war die positive Wirkung des Urlaubs im Durchschnitt bereits nach zwei bis vier Wochen komplett verflogen. Entscheidend ist, im Alltag entspannt und ausgeruht zu bleiben. Dafür sind regelmäßige Regenerationseinheiten besonders wichtig!

Und hierbei gilt: Nichtstun ist nicht unbedingt erholsam. Aus der Erholungsforschung weiß man, dass es für eine gute Erholung wichtig ist, möglichst etwas Andersartiges zur beruflichen Tätigkeit zu machen. Das bedeutet: Bewegung für den Büroarbeiter. Stille für den Vielredner. Etwas Kreatives als Ausgleich zum stark strukturierten Arbeitsalltag usw. Wie genau Ihr persönliches Kontrastprogramm aussieht, hängt demnach von Ihrem Arbeitsplatz ab. Zu einer wirkungsvollen Regeneration nach Feierabend gehört zudem, dass Sie Dinge machen, die Ihnen wirklich Freude bereiten und wo Sie sich als kompetent und wirkungsvoll erleben.

Entspannung stellt sich dann ein, wenn wir uns wenig anstrengen müssen. Wenn Sie also gerne Sport machen, dann laufen Sie etwas langsamer, und wenn Sie kreativ tätig werden, hängen Sie Ihre Ansprüche nicht zu hoch. Tun Sie genau die Dinge, bei denen Sie spüren, dass sich Ihre Batterie wieder auflädt. Probieren Sie auch neue Dinge aus und finden Sie heraus, was für Sie persönlich erholsam und entspannend ist.

Übrigens: Besonders effektiv sind Pausen dann, wenn es Ihnen gelingt, Ihren Speicher an positiven Gefühlen aufzufüllen. Manchmal reicht dafür ein humorvolles Gespräch mit einem Kollegen. Einfacher ist jedoch: Erinnern Sie sich an einen schönen Moment in der Vergangenheit oder schauen Sie, was bei Ihnen Vorfreude auf Dinge, die bald anstehen, auslöst. Schließen Sie dabei die Augen, lächeln Sie und genießen Sie die guten Gefühle, die dieser Moment für Sie bereithält.

Grenzen Sie sich in Ihrer Freizeit von der Arbeit ab

Nur wer Grenzen setzt, bleibt langfristig gesund und leistungsfähig. Auch das sogenannte "Helfersyndrom" – das Gefühl, permanent für andere da sein zu müssen – kann zu Erschöpfung und Burnout führen.

Eine ständige Erreichbarkeit erhöht das Risiko für psychische Belastung und Burnout ganz enorm. Versuchen Sie daher, Eindringlinge in Form von dienstlichen Anrufen oder E-Mails aus Ihrem Privatleben fernzuhalten. Ratsam ist, das dienstliche und private Handy voneinander zu trennen und das dienstliche zumindest für bestimmte Zeiten beiseitezulegen. Tatsächlich hat sich das E-Mail-Checken bei vielen Menschen auch zu Zeiten außerhalb der Arbeit zur Routine entwickelt – mit dem Resultat, dass die Gedanken immer wieder zur Arbeit zurückwandern.

Tipp: Bevor Sie auf Empfangen drücken, halten Sie kurz inne und fragen Sie sich: "Möchte ich das jetzt wirklich wissen?" und "Möchte ich jetzt Mails beantworten?" Langfristig ist es hilfreich, mit Ihren Kollegen und Mitarbeitern klare Absprachen zur Erreichbarkeit zu treffen oder sich zumindest selbst klare Regeln zu geben.

Job-Mythen entlarven

Eine Menge Stress wird durch Job-Mythen wie diese ausgelöst: "Wer nicht immer erreichbar ist, will nicht weiterkommen", "Wer seinen Urlaub wichtig nimmt, ist nicht engagiert genug", "Eine Führungskraft muss alles wissen und darf keine Fehler machen", usw. Vielleicht kennen Sie solche oder andere Glaubenssätze auch von sich? Falls ja, versuchen Sie diese ins Positive umzuwandeln wie zum Beispiel "Wer gute Arbeit leisten möchte, braucht ungestörte Zeiten", "Etwas nicht zu wissen, ist in Ordnung". Denn negative Job-Mythen kosten Sie viel Energie und sind wenig hilfreich.

Unterstützung annehmen

In der Führungsebene ist es oft einsam. Vermutlich müssen Sie als Leiter Ihrer Apotheke auch viele Entscheidungen allein treffen. Soziale Unterstützung ist nicht nur für Ihre Mitarbeiter wichtig, sondern auch für Sie! Schauen Sie sich nach passenden externen Angeboten um: Das können Weiterbildungen im Bereich Mitarbeiterführung sowie ein persönliches Coaching, eine Supervision, sein. Es ist ein wenig wie im Sport: Talent allein reicht nicht aus. Kein Spitzensportler kommt ohne regelmäßiges Training aus. Trainieren Sie Ihre Führungsqualitäten ebenso wie Ihre Stresskompetenz.

Zu guter Letzt: Seien Sie nett zu sich selbst und behandeln Sie sich so, wie Sie einen guten Freund behandeln würden. Vermutlich sind Sie es in Ihrer Führungsrolle gewohnt, Ihre Arbeit kritisch zu betrachten – und am Ende des Tages ist nie alles geschafft, was Sie sich vorgenommen haben. Doch richten Sie Ihren Blick statt auf die "Not-done-Liste" besser auf die "Hat-gut-geklappt-Liste". Holen Sie sich damit aktiv die guten Momente des Tages in den Sinn. Das stärkt Ihre psychische Widerstandskraft und schärft den Blick für das, was Ihnen wichtig ist.

Esther Stollenwerk, Wirtschaftspsychologin (M.Sc.), Beraterin für betriebliches Gesundheitsmanagement, 50670 Köln, E-Mail: esther_stollenwerk@web.de

Lesen Sie auch die anderen beiden Beiträge aus der Serie Burnout verhindern

Teil 2 Stärken Sie Ihre Widerstandsfähigkeit! in AWA 18/2022

Teil 3 Achtsamkeit: Bei sich selbst im Augenblick in AWA 20/2022

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Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2022; 47(16):12-12