Emanuel Winklhofer
Beim Feedback werden nicht nur „Ursache“ und „Wirkung“ gesondert betrachtet, vielmehr wird den gegenseitigen Wechselwirkungen Aufmerksamkeit entgegengebracht. Mit der richtigen Dosierung, Takt und Behutsamkeit wird die Führungsbeziehung damit positiv gestaltet.
Gerade da, wo z. B. langjährige Mitarbeiter selbstständig arbeiten, wird aufkeimender Ärger zunächst oft bagatellisiert – bis man merkt, wie unterschiedliche Vorstellungen das Arbeitsverhalten prägen.
- Feedback gibt Ihren Teammitgliedern Auskunft darüber, welche Gedanken und Gefühle ihre Verhaltensweisen bei Ihnen auslösen – dadurch wird die Beziehung zueinander gestärkt.
- Interpretationen und Phantasien übereinander, die meistens dramatischer sind als die Realität, können überprüft und korrigiert werden.
- Eine konstruktive Rückmeldung ermöglicht es dem Mitarbeiter, eine seinem Wesen entsprechende Veränderung seines Verhaltens eigenverantwortlich zu vollziehen.
Es geht also beim Feedback darum, die Wahrnehmung von Verhalten zurückzumelden und einen Veränderungswunsch mitzuteilen (W-W-W: Wahrnehmung – Wirkung – Wunsch).
Oft sehr unterschiedlich: Eigen- und Fremdwahrnehmung
Feedback fördert die Zusammenarbeit, hilft, Missverständnisse zu vermeiden und ist als eine Art „Spiegel“ eine hilfreiche Maßnahme gegen den „blinden Fleck“. Der Adressat bekommt dadurch die Möglichkeit eines Perspektivenwechsels und – daraus folgend –neue Handlungsimpulse. Wichtig: Beim Feedback sind die Gesprächspartner gleichrangig! Die oberste Aufgabe des Feedbackgebers ist es, konstruktiv zu sein.
Nicht immer entspricht das Bild, das jemand von sich hat, auch dem Bild, das Außenstehende von dieser Person haben. Die Basis dafür liegt in der Eigen- und Fremdwahrnehmung. Zwei amerikanische Sozialpsychologen, Joseph Luft und Harry Ingham, haben in den 1950er Jahren ein Modell entwickelt (Abb. 1), das vier Bereiche zeigt: je zwei Bereiche, die mir bekannt und unbekannt sind sowie je zwei Bereiche, die anderen von mir bekannt bzw. nicht bekannt sind.
Abb. 1: Das Modell von Joseph Luft und Harry Ingham
Die Arena
Diese umfasst denjenigen Teil unserer Persönlichkeit und unseres Verhaltens, der uns selbst und anderen bekannt ist. Hier sind wir praktisch eine öffentliche Person. Zum Beispiel: Ich habe ein großes Fachwissen, will gern anderen Menschen helfen, bin freundlich, habe zwei Kinder usw.
Die Maske
Das ist der Bereich unserer Persönlichkeit, der nur uns bekannt ist, anderen aber (noch) nicht. Kommen wir in ein neues Team oder lernen wir eine neue Person kennen, so müssen wir viel aus diesem Bereich erzählen, damit die andere Person die Chance hat, uns kennenzulernen. Sicherheit und Vertrauen fördern genau diesen Prozess. Das bedeutet, die Maske wird kleiner, die Arena größer.
Nicht ausgeschöpfte Potenziale
Das sind Bereiche, die weder uns selbst noch anderen Menschen unmittelbar zugänglich sind. Dies können zum einen tiefenpsychologische Prozesse sein oder auch verborgene Talente, von denen weder wir selbst noch andere wissen.
Der blinde Fleck
Dieser spiegelt einen Bereich, den wir selbst meist sehr wenig, die anderen Mitglieder einer Gruppe dagegen recht deutlich wahrnehmen. Dies können kommunikative Eigenheiten sein, dass jemand zum Beispiel ständig eine abweisende Geste macht, andere Menschen nicht aussprechen lässt oder einfach nur Spinat zwischen den Zähnen oder Mundgeruch hat.
Damit wir den Bereich des blinden Fleckes verkleinern können, sind wir auf Feedback von anderen angewiesen. Genau hier beginnt in vielen Fällen das Problem: Viele Menschen fassen Hinweise dieser Art als negative Kritik auf. Dies passiert in der Partnerschaft genauso wie im Freundeskreis und Arbeitsumfeld.
Eine Führungskraft sollte insofern die Fähigkeit beherrschen, Teammitglieder auf Verhaltensweisen aufmerksam zu machen, die nicht erwünscht sind oder verändert werden sollen. Dazu braucht es viel Geschick und ein genaues Wissen darüber, wie Feedbackgespräche aufgebaut sein sollten.
Motivation durch positive Rückmeldung
Ein Lob ist das „Ölkännchen im Betrieb“, es kostet nichts und bewirkt viel Motivation. Doch leider gibt es noch immer viele Führungskräfte, die nach dem schwäbischen Grundsatz arbeiten: „Nicht geschimpft ist genug gelobt.“
Schon Goethe sagte: „Wer die Menschen behandelt wie sie sind, macht sie schlechter. Wer sie aber behandelt, wie sie sein könnten, macht sie besser.“ Es darf auf der Arbeit also gelobt werden! Denn Lob macht Mut und fördert die Motivation.
Hier nun die vier Schritte für die positive Rückmeldung:
- Zunächst braucht es Ehrlichkeit: Lob kommt nur an, wenn es ehrlich ist.
- Sprache und Körpersprache sollten das Lob unterstützen. Dazu gehört, dass man sich der Person zuwendet, Blickkontakt hält und sie mit Namen anspricht.
- Greifen Sie sich einen positiven Punkt heraus, den sie loben. Das kann oftmals eine Kleinigkeit sein, für Ihren Mitarbeiter wird es dadurch aber zu einer wichtigen Angelegenheit.
- Geben Sie dann eine Begründung an, warum dieses Verhalten für Sie wichtig war. Damit verstärken sie dessen Bedeutung.
Ein Beispiel: „Vielen Dank Frau Müller, dass Sie mir gestern noch die gesamten Unterlagen kopiert haben, denn ich war von der Zeit her sehr knapp dran und Ihre Hilfe hat mir eine Stunde gespart. Dankeschön.“
Wertschätzung steht jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter zu, denn damit würdigt man eine Person im Unternehmen. Lob und Anerkennung gehen über die normale Wertschätzung hinaus. Auch wenn Mitarbeiter keine herausragenden Leistungen im Unternehmen einbringen, sind sie oft sehr wichtig für den Betrieb. Nutzen Sie deshalb das Lob gezielt als positives Führungsinstrument!
Spielregeln für Feedbackgespräche
- Wertschätzung der Individualität des anderen („Du bist okay – ich bin okay“).
- Die Person bleibt unangetastet, das Feedback bezieht sich allein auf Verhalten und Leistung.
- Lediglich die eigene Wahrnehmung mitteilen und das daraus resultierende Empfinden.
- Rückmeldung zeitnah zur Situation geben – dann sind die Eindrücke unverfälscht.
- Keine Lösungsvorgaben oder Zwang zur Änderung: Es soll ohne moralischen Druck an die Eigenverantwortung appelliert werden.
Vier Schritte zum erfolgreichen Feedbackgespräch
- Vergewissern Sie sich, dass Ihr Gegenüber Ihr Feedback im Moment aufnehmen kann und will.
- Beschreiben Sie den Inhalt Ihrer Rückmeldung getrennt unter folgenden Aspekten:
a. Welches Verhalten habe ich wahrgenommen?
b. Welche Gedanken und Interpretationen stellen sich dazu bei mir ein?
c. Welche Gefühle werden in mir ausgelöst?
d. Welche Handlungsimpulse stellen sich bei mir ein?
- Räumen Sie dem Feedbacknehmer Zeit ein, um seine Sichtweisen und Beweggründe darzustellen – ohne, dass er sich rechtfertigen muss.
- Sprechen Sie über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten Ihrer Wahrnehmungen und tauschen Sie sich über eventuell notwendige Veränderungen aus.
Emanuel Winklhofer, Apotheker, Agentur für Kommunikation, Seminare und Coaching, 93197 Zeitlarn, E-Mail: coaching@winklho.de
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Teil 1 Pharmazeutische Kompetenz allein reicht nicht in AWA 20/2022
Teil 2 Wer selbst nicht führt, wird geführt in AWA 24/2022
Teil 3 Teamgespräche – viel mehr als lästige Routine in AWA 2/2023
Mitarbeiterführung zahlt sich aus!
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Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2023; 48(04):10-10